Bezirk Tulln

Kein Klo! Buslenkerin erleichtert sich, wird gefilmt

Über arge Zustände berichten viele Busfahrer: Sie haben keine Klo-Möglichkeit. Eine Lenkerin wurde sogar im Gebüsch gefilmt, das Video ging online.

Kein Klo! Buslenkerin erleichtert sich, wird gefilmt
Busfahrer kritisieren: "Keine Möglichkeit aufs Klo zu gehen"
Johnnas Fernandes/ÖGB NÖ

Über das "Pipi-Gate" in Klosterneuburg hatte "Heute" schon im Frühjahr berichtet: Denn der damalige Fahrplan der 400er-Linie, sieht dort Stehzeiten von rund zehn Minuten für Busse vor. Und diese nützten Chauffeure für eine kleine Pipi- oder auch Rauchpause im Freien. Öffentliche Toilette gibt es keine, weshalb die Notdurft oftmals am Rande des angrenzenden Waldstücks verrichtet wird - zum Ärger mancher Anrainer. 

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    Busfahrer Mirza Omerovic
    Busfahrer Mirza Omerovic
    AKNÖ/ÖGB

    Ähnlich und noch prekärer ist die Situation im Schubertpark in Tulln. Wegen fehlender WC-Anlagen müssen Busfahrer und Lenkerinnen am Busverkehrsknotenpunkt inmitten der Stadt – so wie an vielen weiteren Orten – ins Gebüsch huschen. "Das geht, solange die Büsche und Bäume noch Blätter tragen. Im Winter wird es noch unangenehmer, weil dahinter eine Schule ist", erklärte Buslenker und Betriebsrat Mirza Omerovic dem "ORF NÖ".

    Hintern Busch. Das geht solange die Büsche noch Blätter tragen. Im Winter wird es noch unangenehmer
    Mirza Omerovic
    Buslenker zu Klogängen im Freien

    Und jetzt machte ÖGB Niederösterreich Regionalsekretär Christian Biegler-Powolny über die teils unhaltbaren Zustände für Buslenker im Bezirk Tulln aufmerksam. Man sei zufällig bei einer Veranstaltung darauf gekommen: "Wir haben Kaffee ausgeschenkt und nachdem mir der dritte Busfahrer in Folge gesagt hat, er kann leider nichts trinken, weil er keine Möglichkeit hat, aufs WC zu gehen, haben wir das Problem im System gesehen. Es kann nicht sein, dass in der heutigen Zeit solche unzumutbaren Zustände herrschen, hier müssen dringend Verbesserungen gemacht werden", so Biegler-Powolny.

    Gewerkschaft gibt VOR die Schuld

    Dass es oft keine Sanitäranlagen für Busfahrerinnen und Busfahrer gibt, liegt zu einem großen Teil an der sehr enggehaltenen Ausschreibung des Verkehrsverbunds Ost-Region (VOR), sagt Thomas Stiller, Betriebsratsvorsitzender von Dr. Richard und Landessprecher der zuständigen Gewerkschaft vida für den Fachbereich Straße. "In der Ausschreibung des VOR von 2020 für den Öffentlichen Nahverkehr werden sanitäre Einrichtungen einfach nicht erwähnt; sie sind kein Kriterium. Und natürlich schauen die Unternehmen auf ihre Kosten und wollen den Auftrag erhalten", so der Betriebsratsvorsitzende und vida-Landessprecher. Corona habe die Situation verschärft: Früher wären öffentliche Gebäude für eine Klopause offen gewesen, heute nicht mehr.

    Jugendliche stellten Video online

    Thomas Stiller berichtete über die Nöte seiner Kollegen: "Für die Frauen ist die Situation noch einmal verschärft. Eine Kollegin hat mich völlig verzweifelt angesprochen. Sie hatte eine lange Stehpause am Land ohne WC-Möglichkeit und wurde von einem Jugendlichen gefilmt, wie sie sich hinter dem Bus erleichtert hat. Das Video hat der Jugendliche dann auch noch auf Social Media gestellt!"

    ÖGB Niederösterreich-Vorsitzender und Arbeiterkammer Niederösterreich Präsident Markus Wieser fordert die Politik zu raschem Handeln auf: "Ausschreibungen dürfen nicht auf dem Rücken von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gestaltet werden. Der Arbeitnehmerschutz und die entsprechenden Sozialstandards sind einzuhalten. Das bedeutet hier konkret natürliche sanitären Anlagen und Pausenräumen, die enthalten sein müssen. Und es muss heißen: Bestbieter, nicht Billigstbieter!"

    Der VOR zeigte sich gesprächsbereit, appellierte an einer gemeinsamen Lösung. Denn es gäbe rund 900 Linien mit 36 Busunternehmen. Die Gewerkschaft würde es sich einfach machen, die Schuld dem VOR zu geben. Als gutes Beispiel nannte VOR-Sprecher Georg Huemer St. Andrä-Wördern: "Dort gibt es ein gutes Einvernehmen mit der Gemeinde. Dort ist das Bahnhofsklo für Busfahrer benutzbar. Mit uns wurde vorher nicht darüber gesprochen, aber wir sind natürlich für Gespräche bereit."

    ÖGB Niederösterreich Regionalsekretär Christian Biegler-Powolny kündigt dazu an: "Wir führen jetzt in ganz Niederösterreich eine Erhebung zu dieser Problematik durch. Wir ersuchen alle Buslenkerinnen und Buslenker im Öffentlichen Verkehr, uns zu melden, wenn sie keine Möglichkeit haben, aufs WC zu gehen oder auch, wenn sie keine geeigneten Pausenräume haben." Rückmeldungen an: [email protected]

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