"Waffen auf vier Pfoten"
Kampfhund ohne Maulkorb zerfleischt "Feni" auf Wiese
Seit einer tödlichen Biss-Attacke wird hitzig über Hundehaltung debattiert. Ein Experte spricht gegenüber "Heute" Klartext, zeigt offen Probleme auf.
Die brutale Bluttat in Naarn (Bez. Perg) von Anfang Oktober schockiert noch immer: Ein American Stafford griff eine Joggerin an und zerfleischte sie bis zur Unkenntlichkeit. Besonders tragisch: Für die 60-Jährige kam jede Hilfe zu spät.
Jetzt ist die Politik am Wort: Am Mittwoch treffen sich in Kärnten die Tierschutzreferenten der Bundesländer bei der jährlichen Konferenz, Michael Lindner (SPÖ) vertritt Oberösterreich vor Ort.
Im Zuge der politischen Auseinandersetzung pocht jetzt ein bekannter Tier-Experte auf schärfere Regeln im Umgang mit Kampfhunden: Willy Schnebel (65), ehrenamtlicher Chef der Tierrettung Oberösterreich, beschäftigt sich seit vielen Jahrzehnten mit Hunden.
Hunde-Experte verärgert
Was den Kenner zum Rasen bringt: "Um in Österreich eine Waffenbesitzkarte oder gar einen Waffenpass zu erlangen, muss man viele Kriterien erfüllen. Bei gefährlichen Hunden ('Waffen auf vier Pfoten') braucht man so gut wie nichts."
Außerdem ärgert Schnebel: "Schwerstkriminelle, Drogensüchtige, Alkoholiker, psychisch bzw. physisch Kranke, sowie alte und kranke Menschen können jederzeit einen gefährlichen Hund führen und anmelden."
„Schwerstkriminelle, Drogensüchtige, Alkoholiker, psychisch bzw. physisch Kranke, sowie alte und kranke Menschen können jederzeit einen gefährlichen Hund führen und anmelden.“
Auf "Heute"-Anfrage nennt der 65-Jährige die schlimmsten Beispiele, die ihm als Fachmann bisher untergekommen sind. Im Folgenden sind nur einige ausgewählte Fälle aufgelistet. Schnebel könnte noch "Seiten von Beispielen" bringen, wie er selbst sagt. Hier der Überblick:
Probleme mit Hunden
- Im Juni 2022 ließ eine drogensüchtige Frau laut Schnebel in einer Freilauffläche in Oedt bei Traun (Bez. Linz-Land) ihren Am Staff Rüden ohne Maulkorbe und Leine frei umherlaufen. Eine andere Frau betrat nichtsahnend dieses Areal mit ihrem angeleinten Chihuahua "Feni". Als der Am Staff den kleinen Hund sah, geschah es plötzlich: Er lieft sofort hin, schnappte zu, verbiss sich und schüttelte das Tier zu Tode. Die Besitzerin war nicht in der Lage, ihren Vierbeiner unter Kontrolle zu bekommen. "Später erstatteten die Polizei und die Tierrettung Anzeige. Trotzdem bekam die verantwortliche Frau ihren Hund wieder zurück". Immer wieder wurde die Tierrettung angerufen und informiert: Die Besitzerin wurde regelmäßig mit ihrem Am Staff auf der Straße angetroffen. Sie sei in "besoffenem bzw. bekifftem" Zustand. Außerdem trage der Hund keinen Maulkorb, sie hätte ihn nicht im Griff. "Wegen Drogenschmuggel wurde sie dann inhaftiert und dann erst wurde das Tier im Tierheim untergebracht", so Schnebel.
- Im Sommer bekam der Tierexperte einen Anruf von der Polizeileitstelle OÖ: In Puchenau (Bez. Urfahr-Umgebung) laufe ein Herdenschutzhund von einem Grundstück auf die Bundesstraße und greift Radfahrer an. Laut Schnebel sei der Hundebesitzer eine "ältere Person um die 60 Plus, betrunken und unter Drogen" gewesen, "nicht fähig, den Hund unter Kontrolle zu halten". "Deshalb wurde der Hund von mir gesichert und wegen Gefahr im Verzug mitgenommen und ins Tierheim gebracht", so Schnebel.
- Schnebel schildert ein weiteres drastisches Beispiel: "Eine ältere Frau in Enns (Bez. Linz-Land) besitzt einen Mix Herdenschutzhund und wird regelmäßig wegen psychischen Problemen vom Amtsarzt ins Spital eingewiesen."
- "Schnebel berichtet über einen Fall aus Steyr: Eine über 70-jährige Frau besitzt einen Herdenschutzhund mit 80 Kilo, der nur sediert vom und zum Tierarzt gefahren werden kann." Schlimm vor allem: "Der Hund verstarb später in der Wohnung und die Frau hat sich wieder so einen Hund angeschafft."
"Hinterhof-Züchter"
"Auch darf sich in Österreich jemand ohne Erfahrung mit solchen gefährlichen Tieren Hundetrainer nennen, das wiederum zu falschen Erziehungsmaßnahmen führt", erklärt der Hunde-Fachmann.
Mit nur ein paar Euro dürfe man sogar eine Zucht bei der Bezirkshauptmannschaft oder beim Magistrat anmelden – "seriöse Züchter ausgenommen". "Wegen Personalmangel sind so gut wie keine Kontrollen durchzuführen." Dadurch würden "viele Hinterhof-Züchter" entstehen, so Schnebel.
Schon seit den 90er Jahren fordere er von der Politik Gesetzesänderungen: Folgende oben genannten Personen sollten keine großen oder gefährlichen Hunde führen bzw. besitzen dürfen.