Kärntner weiß, dass er erblinden wird – nur nicht, wann

Er wolle jeden Moment im Leben bewusst genießen und nicht auf etwas Großes oder Unerreichbares warten, verrät Sandro Grutschnig sein Glücksrezept bei Barbara Karlich in "Talk um 4" im ORF. Er leidet an einer seltenen Augenerkrankung, die seinen Sehnerv absterben lässt, und weiß, dass er eines Tages blind werden wird – nur nicht wann. "Das kann morgen sein, das kann in 20 Jahren sein".

"Da reißt es einem den Boden unter den Füßen weg"

"Wenn ich in der Früh aufwache und ich sehe etwas, dann weiß ich, es ist ein guter Tag", wird er in einem Porträt der "Kleinen Zeitung" zitiert. Der schleichende Verlust seines Augenlichts begann 2007. "Von einem Tag auf den anderen habe ich ganz schlecht gesehen und mir war schwindelig". Im Spital wollte man sofort operieren. "Das Hirnwasser hat nicht zirkuliert, Druck aufgebaut und den Sehnerv belastet."

Für 13 Jahre war danach Ruhe, bis 2020 das Schicksal unbarmherzig zuschlug. Der Kärntner musste wieder ins Spital: "Das war ganz schlimm. An zwei Tage kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Ich bin zu mir gekommen und dann haben sie mir gesagt, dass mein Sehnerv irreparabel zerstört wurde."

Das traf ihn damals wie eine Abrissbirne: "Am Anfang war es schon scheiße. Da reißt es einem den Boden unter den Füßen weg", erinnert er sich. Er habe damals seiner Partnerin Sarah sogar das Angebot gemacht, "abzuhauen", bevor es für ihn ganz schlimm werde. Doch die wollte nichts von einem solchen Absprung hören, heute sind die beiden glücklich verheiratet.

Mit Hilfe seiner Familie, der Tochter aus erster Ehe und seinem Blindenhund Nala habe er aus dem tiefen Loch der Depression wieder ins Leben zurückgefunden.

Es braucht Leidenschaften

Mittlerweile muss er eine spezielle Brille tragen, um noch etwas zu sehen: "Man kann sich das so vorstellen, als ob man durch einen Strohhalm schaut. Wenn ich stark fokussiert auf etwas schaue, dann geht es." Doch auch damit ist noch vieles möglich, er kann weiter seinen größten Leidenschaften nachgehen. Der gelernte Koch führt jetzt ein Catering-Unternehmen, im Winter wedelt er auf Skiern die Pisten hinunter – trotz eingeschränkter Sicht.

Über den Österreichischen Behindertensportverband lernte er das Skifahren mit einem Guide quasi neu: "Das funktioniert mit Headsets, der Guide fährt voran und ich fahre so knapp wie möglich hinten nach", schildert er gegenüber der "Kleinen".

Bei den Tiroler Landesmeisterschaften räumte er inzwischen auch schon Medaillen ab. Die Brettln will Grutschnig auch ohne Sehvermögen nicht an den Nagel hängen: "Man muss sich einfach was aufbauen. Wenn du nichts hast, kann es auch ganz anders gehen."

"Aus ist's, wenn du hin bist"

Sein Glücksrezept stellte er schließlich am Mittwoch auch im ORF-Studio von Barbara Karlich vor. Die Entscheidung, im TV aufzutreten, sei ihm leicht gefallen, wolle er mit seiner Geschichte doch auch anderen Mut machen. "Klar ist man bei einer TV-Aufzeichnung nervös, aber was soll schon passieren", lacht er das Lampenfieber weg. "Das ist das Gute daran. Beim Para-Skifahren klatschen sie ja auch, auch wenn es mich mal raushauen sollte."

Was die Zukunft vielleicht noch Schlimmes bringen wird, daran verschwendet der lebenslustige Koch keine Gedanken. Er wisse jetzt schon, worauf es ankomme im Leben: "Aus ist's, wenn du hin bist. Dazwischen gibt es noch genug Sachen, die man erleben kann."