Wien

Kältetelefon statt Kicken: Rapid-Star hilft Obdachlosen

Premiere für einen Promi-Kicker: Steffen Hofmann nahm am Kältetelefon der Caritas Anrufe von Passanten entgegen, die Obdachlose melden.

Christine Ziechert
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Ex-Kicker Steffen Hofmann nahm die Anrufe am Kältetelefon entgegen.
Ex-Kicker Steffen Hofmann nahm die Anrufe am Kältetelefon entgegen.
Sabine Hertel

Ein Mittwochvormittag in der Zweiten Gruft in der Lacknergasse (Währing): Das Kältetelefon (Tel.: 480 45 53), das rund um die Uhr erreichbar ist, hat heute einen prominenten Gast. Ex-Rapid-Star Steffen Hofmann hat das Fußball-Feld mit dem Caritas-Büro getauscht.

Der 40-jährige Trainer ist der Caritas allerdings schon seit Längerem verbunden: "Ich wohne mit meiner Familie im 6. Bezirk, dort ist auch die "Gruft" (eine Unterkunft für Obdachlose, Anm.). Ich finde das ist eine super Sache. Jedes Jahr am Weihnachtstag schaue ich mit meinen Kindern dort vorbei", meint Hofmann, der immer wieder für die "Gruft" im Einsatz ist, sei es als Spendensammler gemeinsam mit den Ultras (Rapid-Fangemeinde), als Aushängeschild für das "Gruft Winterpaket" oder als Schiedsrichter bei einem Obdachlosen-Fußballturnier.

Rapid-Legende sitzt zum ersten Mal am Kältetelefon

Am Kältetelefon sitzt der Rekordspieler allerdings zum ersten Mal – und schon geht es los. Eine Anruferin meldet einen Mann, der in der U-Bahn-Station Neubaugasse am Boden schläft. Hofmann nimmt die Daten auf, fragt nach dem genauen Ort, ob der Mann einen Schlafsack hat und für Rückfragen nach der Handynummer der Anruferin: "Ich versuche, möglichst genaue Infos zu bekommen, damit wir jemanden hinschicken können. Wichtig ist zum Beispiel eine sehr genaue Beschreibung des Ortes und der Person, und ob ein Schlafsack vorhanden ist oder nicht", meint Hofmann, während er die Informationen in das Computer-System eingibt.

Jeden Abend klappert dann ein Streetworker-Team mit dem Kältebus acht bis zehn Adressen ab und bringt die Obdachlosen – wenn möglich – in ein Notquartier oder zumindest winterfeste Schlafsäcke mit. "Das Kältetelefon ist eine ganz wichtige Sache, dass man nicht blind durch die Stadt läuft", meint Hofmann. Insgesamt helfen 120 Mitarbeiter beim Kältetelefon mit: 50 Telefon-Dolmetscher unterstützen das Streetwork-Team in 23 Sprachen, 70 Freiwillige nehmen Anrufe entgegen. Im vergangenen Winter wurden immerhin 5.156 Anrufe gezählt.

Sorge, dass Obdachlose unentdeckt bleiben

Doch die Sorge ist groß, dass aufgrund der Corona-Krise viele Obdachlose unentdeckt bleiben. Aufgrund von Covid-19 sind weniger Passanten in den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs, während des soften Lockdowns war Wien fast wie leer gefegt: "Im vergangenen Jahr hatten wir bis 16. November etwa 600 Anrufe, heuer waren es nur 378. Toll ist aber auch, dass Polizeibeamte immer öfter anrufen", erklärt die leitende "Gruft"-Sozialarbeiterin, Susanne Peter und verspricht: "Wir gehen wirklich jedem Anruf nach!" 

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