Gerichtsdolmetscher toben
Justiz-Akten nach Russland? Zadic-Erlass "gefährlich"
Ein BMJ-Erlass vom 12. März macht stutzig: Sensible Gerichtsakten könnten via ungeschützter Kommunikation ins Ausland wandern – sogar nach Russland.
Ein kleiner Erlass aus dem Ministerium von Alma Zadic (Grüne) könnte eine große Wirkung entfalten: Per 12. März 24 wurden Gerichte, Generalprokuratur, Staatsanwaltschaften und die Datenschutzbehörde informiert, dass Übersetzungen für die Zentralstelle künftig nur noch über die Übersetzungsstelle der Behörde vermittelt werden. Wo früher Beamte saßen, sitzt seit Herbst 2023 allerdings eine kostensparende private Agentur.
Ein weltweit operierender Sprach-Konzern erhielt den Zuschlag. Laut Gerichtsdolmetschern birgt das große Gefahr: Denn wie "Heute" in Erfahrung brachte, versendet die Firma Dokumente, die aus Gerichts- oder Ermittlungsakten stammen können, einfach per E-Mail – vielleicht sogar nach Russland! "Ja, es wird auch auf Fachkräfte im Ausland zurückgegriffen", bestätigte das Unternehmen. Ausgerechnet auch bei Übersetzungen von Deutsch ins Russische sei das der Fall.
Der mutmaßliche Grund der Ausbootung der angestammten Fachkräfte aus dem Inland könnte simpler nicht sein: Während die heimischen Dolmetscher gesetzlich geregelt pro Zeile 1,50 Euro verrechnen dürfen, liegen die Tarife der Agentur bei nur 40 Cent pro Zeile. "Es ist gefährlich, dass dafür Sicherheit geopfert wird", sind die Dolmetscher enttäuscht. Seitens des Ministeriums heißt es in einer umfassenden Stellungnahme zu "Heute", es werde "eine digitale Plattform mit Verschlüsselungstechnologie" zum Hochladen der Unterlagen eingesetzt. Man kenne die Kritik und könne beruhigen – es bestünde keine Gefahr.