Welt
Die Chronologie des Polit-Krimis von Julian Assange
Nach acht Jahren ist die Flucht von Julian Assange vorbei. Doch wie ist es überhaupt zu seiner Verhaftung in London gekommen?
Der australische Programmierer und Hacker Julian Assange (47) erlangte im Jahr 2010 Weltberühmtheit, als er über die von ihm gegründete Plattform Wikileaks zahlreiche Videos und geheime Dokumente über das Vorgehen der USA während den Kriegen in Afghanistan und Irak veröffentlichte. Zu einem medialen Aufschrei führte ein Video, das einen US-Helikopterangriff zeigte, bei dem unter anderem Reuters-Journalisten und Kinder starben, während die Soldaten lachten.
Die USA nahmen noch im November 2010 Ermittlungen gegen Wikileaks und Assange auf; die Staatsanwaltschaft will ihm den Prozess wegen Verletzung der Spionage-Gesetze von 1917 machen. Fast zeitgleich erließ Schweden einen internationalen Haftbefehl gegen Assange wegen angeblicher sexueller Übergriffe gegen zwei Frauen.
Der Australier beteuerte stets seine Unschuld und vermutete einen Vorwand der schwedischen Behörden, um ihn festzunehmen und schließlich an die USA ausliefern zu können. Tatsächlich war Assange mehrere Monate zuvor wegen der Vorwürfe von der schwedischen Polizei befragt worden. Doch der Fall wurde geschlossen, Assange durfte aus Schweden ausreisen und zog nach Großbritannien.
Doch plötzlich öffnete eine schwedische Sonderermittlerin den Fall wieder im November 2010, als die US-Ermittlungen begannen, und erließ einen Haftbefehl. Assange stellte sich zwar der britischen Polizei im Dezember 2010 und wurde auf Kaution freigelassen. Er kämpfte gegen das Auslieferungsgesuch Schwedens an, blieb aber erfolglos. Daher entschloss er sich, gegen die Kautionsauflagen zu verstoßen und flüchtete in die ecuadorianische Botschaft in London.
Dort suchte er um politisches Asyl an, da er seinem Heimatland Australien nicht traute, ihn nicht den USA auszuliefern. Ecuador wurde damals vom linksgerichteten Präsidenten Rafael Correa regiert, der nicht gerade als großer Freund der USA galt. Im August 2012 erhielt Assange schließlich offiziell Asyl und die Erlaubnis, auf unbestimmte Zeit in der Botschaft, die ja ecuadorianisches Staatsgebiet ist, zu bleiben.
Bis 2015 stationierte die britische Polizei Beamte vor der Botschaft, um Assange festzunehmen, falls er auf die Straße tritt. Die Polizisten wurden zwar im Oktober des Jahres abgezogen, doch Großbritannien erklärte, ihn weiterhin verhaften zu wollen.
Im May 2017 zog Schweden schließlich die Anklage und den internationalen Haftbefehl zurück. Zum einen war ein Teil der Vorwürfe mittlerweile verjährt, zum anderen erklärte die schwedische Staatsanwaltschaft, dass man keine Chance sehe, an Assange heranzukommen. Sollte er aber bis 2020 wieder nach Schweden einreisen, würden die Ermittlungen wieder aufgenommen.
Ebenfalls 2017 wurde Lenin Moreno neuer Präsident Ecuadors. Er deutete immer wieder an, dass man Assange das Asylrecht entziehen könnte. Denn einerseits übten die USA deswegen seit Jahren Druck auf Ecuador aus, andrerseits beliefen sich die Kosten für Assanges Aufenthalt bereits auf mehrere Millionen Euro.
Im Dezember 2018 bot Großbritannien Assange schließlich an, ihn nicht an ein Land auszuliefern, in dem die Todesstrafe vollstreckt wird – also etwa die USA, aber nicht Schweden. Trotzdem müsse er eine Haftstrafe wegen seines Verstoß gegen seine Bewährungsauflagen (der Flucht in die Botschaft) absitzen. Assange lehnte das Angebot aber ab.
Doch Anfang April 2019 erklärte Präsident Moreno, Assange werde nun seinen Asylstatus verlieren, weil er gegen seine Asylbedingungen verstoßen habe. Kurz zuvor hatte Wikileaks über Korruptionsermittlungen gegen Moreno in Ecuador berichtet.
Am 11. April ließ der ecuadorianische Botschafter britische Polizisten schließlich ins Gebäude, um Assange festzunehmen. (red)