Antisemitismus-Alarm

"Jüdinnen und Juden in Europa haben wieder Angst"

Antisemitische Vorfälle haben sich in Österreich seit dem Hamas-Angriff auf Israel verfünffacht. Bei einer Expertin läuten deshalb alle Alarmglocken.

Newsdesk Heute
"Jüdinnen und Juden in Europa haben wieder Angst"
Katharina von Schnurbein, Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission, in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

In Österreich werden spätestens seit dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel vermehrt Vorfälle mit mutmaßlich antisemitischem Hintergrund bekannt – Hass-Postings, Beschimpfungen, aber auch körperliche Angriffe. Die Entwicklung ist alarmierend, die Zahl der gemeldeten Vorfälle in Österreich hat sich seit dem Angriff der Hamas verfünffacht. Katharina von Schnurbein, Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission, beobachtet die Entwicklung mit Sorge, wie sie am späten Mittwochabend in der "ZIB2" bei Moderator Armin Wolf erklärte. 

"Der 7. Oktober war eine Zäsur", man habe "diese explosionsartigen Anstiege" in der gesamten EU und wahrscheinlich auch in der ganzen Welt feststellen müssen, so von Schnurbein: "Jüdinnen und Juden in Europa haben wieder Angst", so die Expertin. Man habe eine "Umkehr der Täter-Opfer-Rolle" in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit erlebt, so von Schnurbein, es habe sich "ein antisemitischer Tsunami" entwickelt, der über Europa schwappe. 

Expertin erklärte, wo Antisemitismus beginnt

"Angst und Gewalt", die sich auf den Straßen geäußert hätten, seien bereits am 7. Oktober, dem Tag der Hamas-Angriffe auf Israel, beobachtet worden, nicht erst als Reaktion auf israelische Militär-Antworten, so die Expertin. Es habe sogar am Tag der Angriffe auf Israel Freudentänze auf europäischem Boden gegeben, so von Schnurbein schockiert. Antisemitismus beginne, wenn man Jüdinnen und Juden hierzulande die Verantwortung für das Handeln des Staates Israel und Israel selbst das Recht auf eine Selbstverwirklichung und eines Bestehens nehmen wolle.

Man müsse klar benennen: Der Angriff der Hamas auf Israel sei ein "Terroranschlag mit genozidalem Vorhaben" gewesen. Das habe man auch im Nationalsozialismus gesehen, so von Schnurbein, das Ziel sei "die Auslöschung jüdischen Lebens". "Die rote Linie ist das Existenzrecht Israels", so die Expertin.

"Das war immer eine Tragödie für Europa"

Man könne sich Einsetzen für die Sache der Palästinenser, man könne für einen eigenen palästinensischen Staat demonstrieren, "das ist alles in Ordnung", so die Expertin, aber es würden sämtliche Grenzen überschritten, wenn man Israel das Existenzrecht abspreche und bejuble, das das israelische Volk ausgelöscht werden solle. 

Die Pläne der Hamas würden übrigens nichts mit dem Wohlergehen der Palästinenser oder dem Drang nach einem eigenen Staat zu tun haben, warnte die Expertin jene, die den Terroristen zujubeln würden. Ihr Ziel in Europa: "Eine Gesellschaft, in der wir in unserer Unterschiedlichkeit zusammenleben können." Derzeit sehe man aber das Gegenteil, so von Schnurbein. "Dieser Konflikt, so schrecklich wie er ist", müsse so betrachtet werden, wie er angefangen habe, und die Situation dürfe "uns nicht in dieser Art und Weise auseinandertreiben". 

"Antisemitismus ist in Europa nicht importiert"

Das sei ein wichtiger Schritt zu sehen, wie jüdisches Leben hierzulande weitergehen kann, so die Expertin. Wurden Juden vertrieben, was das "immer eine Tragödie für Europa", so von Schnurbein. Was man derzeit sehe, sei, dass eine "einseitige Täterschaft der Israelis und eine Opferrolle der Palästinenser beschworen" werde, die mit der Realität nichts zu tun habe. Kenne man die Hintergründe, könne auch das Existenzrecht des israelischen Staates nicht aberkannt werden.

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"Antisemitismus ist in Europa nicht importiert", richtete von Schnurbein schließlich jenen aus, die die Schuld am grassierenden Antisemitismus gerne Musliminnen und Muslimen in die Schuhe schieben würden. Der Holocaust habe ohne die Präsenz von Musliminnen und Mulimen in Europa stattgefunden, erinnerte die Expertin. Wichtig zu sehen sei, dass man sich "davon befreien" könne, wenn Antisemitismus im Freundes- und Bekanntenkreis vorkomme. "Es ist wichtig, nicht diesen Konflikt hier unsere Gesellschaft teilen zu lassen."

Auf den Punkt gebracht

  • In Österreich haben sich antisemitische Vorfälle seit dem Hamas-Angriff auf Israel verfünffacht, was zu großer Besorgnis in der Europäischen Union führt
  • Experten alarmieren aufgrund einer "Umkehr der Täter-Opfer-Rolle" und beobachten einen besorgniserregenden "antisemitischen Tsunami", der über Europa hinwegfegt
red
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