Klimawandel & Kaffee
Jetzt ist sogar unsere Melange in Gefahr!
Verlängerter, Kleiner Brauner und Melange: Das Lieblingsgetränk der Österreicher ist bedroht. Schuld daran ist die globale Klimakrise.
"Wo i geh und steh, brauch i an Kaffee", singt Liedermacher Wolfgang Ambros in seinem Lied "Coffein" – doch die Klimakrise könnte den Kaffee zu einem seltenen und teuren Gut machen. Die Pflanzen sind empfindlich, der Klimawandel setzt ihnen schwer zu. Bis 2050 droht die Hälfte der Anbauregionen ungeeignet zu werden, warnen Experten, ohne dabei im Kaffeesatz zu lesen.
8 von 10 Österreicher trinken Kaffee
86,4 Prozent der Österreicher trinken laut einer Studie regelmäßig Kaffee. Der braune Muntermacher ist somit das beliebteste Getränk der Österreicher. Bei den Heißgetränken folgen Tee (71,5 Prozent), Kakao und Milch. Jeder Österreicher trinkt durchschnittlich über 162 Liter Kaffee pro Jahr, so eine Umfrage.
„Anhand von Kaffee lassen sich die Folgen des Klimawandels für die Landwirtschaft erzählen“
Auch weltweit erfreuen sich die aromatischen Bohnen steigender Beliebtheit. Doch die wachsende Nachfrage droht auf ein sinkendes Angebot zu stoßen, denn die Klimakrise schadet auch dem Kaffeeanbau: Dürren, Starkregen und Schädlingsbefall nehmen zu, warnt Agrarökonomin Sophie von Loeben.
Vor allem bei den dominierenden Kaffee-Arten Arabica und Robusta komme es zu Ernteausfällen. "Anhand von Kaffee lassen sich so gut wie an kaum einer anderen Nutzpflanze die Folgen des Klimawandels für die Landwirtschaft im globalen Süden erzählen", resümiert von Loeben.
Das große Problem: Arabica und Robusta wachsen nur im sogenannten Kaffeegürtel, der sich rund um die Erde entlang des Äquators zieht. Doch Kaffeepflanzen brauchen ein stabiles, tropisches Klima. "Und die Menschen vor Ort spüren: Das ändert sich gerade", so von Loeben weiter. Bis 2050 droht der Klimawandel die Hälfte der Region für den Anbau unbrauchbar zu machen.
5 Kaffee-Fakten, die Sie noch nicht kannten
130 Kaffee-Arten sind bekannt, nur zwei werden auf dem Weltmarkt gehandelt: Arabica (57,5 Prozent der Produktion) und Robusta-Kaffee (42,5 Prozent).
Lediglich 5 Prozent des Kaffees in Österreich tragen das Fairtrade-Siegel.
Für eine einzige Tasse Kaffee werden 130 Liter Wasser verbraucht (fast eine volle Badewanne).
Pro Tasse gelangen 80 Gramm klimaschädliche Treibhausgase in die Atmosphäre – so viel wie bei einem halben Kilometer Autofahrt.
Das Einkommen der Bauern, die auf den 12,5 Millionen Kaffee-Farmen arbeiten, liegt in acht der zehn wichtigsten Anbauländer im Bereich der Armutsgrenze.
Anbauflächen gehen verloren
"Einerseits steigt die Nachfrage nach Kaffee, gleichzeitig aber gehen geeignete Anbauflächen verloren", so von Loebens Kollege David Abigabe mit dem Verweis auf Prognosen. "Menschen, die vom Kaffeeanbau leben, könnten sich gezwungen sehen, in Naturschutzgebiete und Wälder auszuweichen, was ökologisch nicht gut wäre", ergänzt der Wissenschaftler.
Hoffnungs-Sorte heißt Liberica
Im Kaffeeland Uganda haben Bauern seit einiger Zeit damit begonnen, eine fast in Vergessenheit geratene Kaffeepflanze anzubauen: Liberica. Diese wilde Art scheint resistenter gegen Wetterextreme zu sein.
Mit einer Befragung von über 800 Kleinbauern sowie Klimamodellen untersuchen die deutschen Forscher das Potenzial von Liberica. Der ugandische Bauer Davis Kuloba, Vater von acht Kindern, hat mit der Sorte gute Erfahrungen gemacht: "Liberica hilft mir, zu überleben", sagt er.
Den höheren Ernte-Erträgen stehen neue Herausforderungen entgegen: So ist das Pflücken der Liberica-Bohnen nicht so einfach. Die Sträucher von Arabica und Robusta stutzt man auf ein bis zwei Meter – die Früchte der Liberica wachsen in den Wipfeln stattlicher Bäume. Das Ernten ist nur auf hohen Leitern möglich, die Unfallgefahr ist groß.
Und dann ist da noch "die Sache mit dem Geschmack, der zumindest europäischen Zungen nicht munden dürfte", fürchtet Sophie von Loeben. Bleibt abzuwarten, ob und wann die Sorte auch in Wiens Kaffeehäusern verkostet werden kann, wo die Sehnsucht nach dem Bohnengetränk groß ist: "Ahhh, so a Kaffee is herrlich, ja direkt unentbehrlich" (W. Ambros).