Volksopern-Geheimwaffe Semotan
"Irgendwann wird man sagen: 'Das war sein Anfang!'"
Jetzt wird die "Lustige Witwe" in der Volksoper noch lustiger: Mit der Premiere am 2.3. steigt Darsteller Jakob Semotan auch zum Autor auf.
"Ich kann es noch immer nicht glauben, dass die erste Dialogfassung, die ich schreibe, gleich in der Wiener Volksoper aufgeführt wird", lacht Volksopern-Sänger Jakob Semotan im "Heute"-Talk, "aber warum klein anfangen?" Das 35-jährige Ensemblemitglied ist schon länger dafür bekannt, durch Witz, Begeisterung und Eigeninitiative zu punkten. So ist etwa die gefeierte Produktion von "tick, tick...BOOM!" von 2023 mit Semotan in der Hauptrolle praktisch komplett auf seinem Mist gewachsen. Sein Engagement bei der Neuinszenierung von Lehars "Die lustige Witwe" geht aber über das eines motivierten Darstellers hinaus.
"Ich habe im April letzten Jahres im Bronski + Grünberg-Theater einen Abend gestaltet, der heißt 'Thomas wartet auf Tom Waits', wo ich Tom Waits ins Wienerische übersetzt habe. Die Lotte de Beer (Volksoperndirektorin, Anmerkung) und noch andere Personen aus dem Haus haben sich die Premiere angeschaut und danach kam die Frage auf, ob ich nicht Interesse hätte, die Texte für den Njegus zu schreiben." Njegus ist in "Die lustige Witwe" eine Rolle, von der schon länger feststehen würde, dass Semotan sie spielen würde. "Dann ist das Ganze irgendwie explodiert. Denn auf einmal hat es geheißen, ich könnte doch das ganze Stück umschreiben", erzählt Jakob Semotan. "Ich habe ich mich dann mit Mariame Clément, der Regisseurin, über Skype getroffen und es war künstlerische Liebe auf den ersten Blick."
Auch wenn Semotan, der bereits 2001 im "Kiddy Contest" seinen ersten großen Auftritt hatte, die Dialoge für "Die Lustige Witwe" umgeschrieben hat, ist es natürlich immer noch die selbe Musik von Franz Lehár und die selbe Handlung nach dem Libretto von Victor Léon und Leo Stein. Im Paris der vorletzten Jahrhundertwende wittert eine Gesandtschaft des "panslawischen Operettenstaats Pontevedro" eine Chance, ihr Land vor dem endgültigen Ruin zu bewahren: Ein Landsmann muss nur die millionenschwere Witwe Hanna Glawari heiraten, die gerade in Paris angekommen ist. Doch während Heerscharen von pontevendrinischen Männern versuchen, bei der lustigen Witwe zu landen, hat diese nur Augen für eine frühere Liebe.
„Es ist keine Verunstaltung des Werkes, sondern nur ein anderer lustiger Blickwinkel darauf.“
Fans von Lehars Operettenklassiker brauchen jetzt übrigens keine Angst haben, dass ihre "Lustige Witwe" jetzt durch die neuen Dialoge in eine ungewollte Richtung abdriftet: "Es gibt keinen Grund zur Irritation", versichert Dialog-Autor Semotan, "die Sachen, die dazugeschrieben worden sind, sind mit Respekt vor dem Stück hinzugefügt worden. Und die Sachen, die ein bisschen umgeschrieben sind, sind ein bisschen der Inszenierung geschuldet und supporten die Inszenierung." Lehar-Puristen, brauchen jetzt also keine Angst haben? "Nein, was auf jeden Fall geblieben ist, ist die wunderschöne Musik von Lehar, also man braucht sich keine Sorgen machen: Es ist keine Verunstaltung des Werkes, sondern nur ein anderer lustiger Blickwinkel darauf."
Auf alle Fälle vollzieht Jakob Semotan mit "Die lustige Witwe" jetzt den Schritt vom reinen Darsteller hin zum Theatermacher. Und er dürfte an der Seite von Regisseurin Mariame Clément auf für die Zukunft Blut geleckt haben: "Auf jeden Fall. Irgendwann wird man sagen können: 'Das war sein Anfang, damit hat alles begonnen'. Ich würde gerne weiterhin Bearbeitungen machen. Ich habe auch schon Ideen für ganz eigene Sachen im Kopf, aber jetzt kommt mal die Premiere und wenn die Leute bei der Premiere lachen, dann werde ich mich hinsetzen und meine Gedanken sortieren." Die Premiere am 2. März (19 Uhr) ist fast schon ausverkauft, für die weiteren Vorstellungen bis zum 14. April gibt es noch ausreichend Karten. Aber die dürften bald weniger werden.