Zurück ins Leben
"Ich lebe seit 39 Jahren mit einem fremden Herzen"
Walter Weiss ist der am längsten lebende Empfänger eines Spenderherzens in Österreich. Wie er die zweite Chance in seinem Leben nutzte.
Vor 40 Jahren, am 5. März 1984, führten das AKH Wien und die MedUni Wien erfolgreich die erste Herztransplantation durch. Und erst Dienstagnacht gegen 3 Uhr Früh wurde einem Neugeborenen mit Herzfehler das aktuellste Spenderherz eingesetzt. "Das AKH ist ein Wunder", sagt Walter Weiss freudestrahlend im "Heute"-Gespräch. Der Wiener war einer der ersten Patienten, die Mitte der 1980er ein Spenderherz erhalten haben.
Der mittlerweile fast 80-Jährige hat das Herz vor 39 Jahren erhalten und erfreut sich seither bester Gesundheit. Er ist damit der am längsten lebende Spenderherz-Empfänger Österreichs. "Ich hatte ein wunderschönes Leben".
"Angenehm war es anfangs nicht"
Das Leben des ehemaligen Maschinenschlossers änderte sich in den 1980ern dramatisch. "Ich bekam schlecht Luft und fühlte mich nicht gut, aber mein Hausarzt konnte nichts feststellen. Erst als ich zu einem jüngeren Arzt wechselte, wurde ich sofort ins AKH geschickt". Die Diagnose, Herzmuskelentzündung. Doch da war es schon zu spät, denn der Familienvater erlitt einen Herzstillstand. "Nachdem man mich zurückgeholt hat, wurde mit quasi angeboten, dass man mir ein Spenderherz einsetzen könnte. Ich willigte ein". Wer der Spender war, weiß er nicht, das müsse geheim gehalten werden. Aber er wurde informiert, dass es eine 26-jährige Frau war.
Herztransplantation in den Kinderschuhen
Nachdem 1967 in Kapstadt die allererste Herztransplantation durchgeführt wurde, dauerte es noch einige Jahrzehnte, bis es in den 1980ern zu einem Durchbruch in Sachen Immunsuppressiva kam. Medikamente, die benötigt werden, um den Körper daran zu hindern, das fremde Organ abzustoßen. Bis dahin war die Lebenserwartung auf maximal ein Jahr nach der Operation beschränkt, erklärt Andreas Zuckermann, Programmdirektor für Herztransplantation am AKH Wien.
Schwierige Anfänge
Im Jahr 1985 haben vier Personen ein Spenderherz in Wien erhalten. Einer der beiden noch lebenden Patienten ist Walter Weiss. Die Zeit nach der Transplantation war schwierig für ihn. "Die Medikamente waren noch nicht ausgereift. Es war eine anstrengende Zeit. Aber ich hab sie überstanden und dann das schönste Leben gehabt". Die regelmäßigen Check-Ups im AKH und die Medikamente sind heute kein Thema mehr für ihn. "Ich hab die Tabletten in einem Schachterl und nehm sie immer pünktlich. Da muss ich gar nicht drüber nachdenken".
Einem "normalen" Leben stand nichts im Weg
Nachdem Weiss sich erholt hatte, schickte man ihn in Pension. "Zu dieser Zeit glaubte man noch, dass man nach einer Transplantation nicht mehr arbeiten könnte. Heutzutage auch kein Thema mehr". Der zweifache Familienvater bekam eine zweite Chance und nutzte sie. "Ich organisierte mir einen Camper und reiste durch ganz Europa. Bis ans Nordkap, nach Griechenland, Frankreich und die Mitterlmeerregion. Ich konnte Radfahren und Wandern." Erst jetzt im Alter merke er, dass er nicht mehr ganz so fit sei.
"Ich habe mir ein Elektrorad gekauft, damit ich mir beim Radfahren etwas leichter tue und schaue jetzt der Petersilie beim Wachsen zu. Ansonsten bin ich fit", so der fast 80-Jährige. Seine Frau und er können somit auch heute noch, dank des Transplantationsteams des AKH Wien, Ausflüge in die Lobau und die gemeinsame Zeit genießen. Und im April seinen 80. Geburtstag feiern.
Führendes Zentrum in der Innovation der Herzpräservation
Seit 1984 werden im Wiener AKH jährlich rund 40 bis 50 Herztransplantationen durchgeführt, das macht bis heute gesamt 1.783. Die Überlebenschancen haben sich mit den Jahren stark verbessert. "Anfangs waren es Wochen oder Monate, heute können die Empfänger noch viele Jahre mit einem Spenderherz leben", so Daniel Zimpfer, Leiter Universitätsklinik für Herzchirurgie. Vor allem mit dem Durchbruch bei den Immunsuppressiva stieg die Lebenserwartung stark an. Das AKH Wien zählt zu den weltweit führenden Herztransplantationszentren.
Künstliche Intelligenz soll Forschung unterstützen
Am Wiener AKH wird regelmäßig an den Transportmöglichkeiten geforscht, um Spenderorgane möglichst lange frisch halten zu können. Auch wird künftig die KI eine große Rolle spielen, um die Therapie für die Patienten möglichst effektiv gestalten zu können, so Edda Tschernko, Leiterin Klinische Abteilung für Herz-Thorax-Gefäßchirurgische Anästhesie und Intensivmedizin am AKH Wien. So sollen künftig die exakte Menge an Medikamenten berechnet, aber auch die Langzeitfolgen und das Thema Altern miteinbezogen werden können.
Auch an Alternativen zu menschlichen Spenderherzen wird geforscht. "Die Menge an Spenderherzen ist begrenzt und zu gering, um jedem Patienten, der ein Herz benötigt, eines zur Verfügung stellen zu können. Parallel zur Transplantation von Schweineherzen sollen auch künstliche Herzen künftig eine passende Option werden", so Zimpfer. Die Abstoßungsrate von 50 Prozent in den 1980ern konnte auf 10 Prozent gesenkt werden. Mit dieser Menge könne man aber mithilfe der passenden Medikamente relativ gut umgehen.