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Hundert Verletzte nach Sturm aufs Parlament

Heute Redaktion
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Ein wütender Mob hatte am Donnerstag das Parlament in Skopje gestürmt und Politiker und Polizisten attackiert: Die Angst vor einem Bürgerkrieg greift um.

Beim Sturm von Anhängern der bisherigen Regierung in Mazedonien auf das Parlament in Skopje sind rund 100 Personen verletzt worden. Das berichtete das Innenministerium am Freitag in der Hauptstadt. Unter ihnen seien drei Abgeordnete und 22 Polizisten.

Alle seien in Spitälern medizinisch versorgt worden, hieß es. Mit der Erstürmung der Volksvertretung am Vorabend wollten aufgebrachte Bürger verhindern, dass die bisherige Opposition eine neue Regierung bildet.

"Bürgerkrieg klopft an die Tür"

Die Nachbarländer Mazedoniens zeigten sich von diesem Gewaltausbruch alarmiert. "Der Bürgerkrieg klopft an die Tür Mazedoniens", titelte die serbische Regierungszeitung "Novosti" in Belgrad. Serbiens Regierungschef Aleksandar Vucic, der auch das designierte Staatsoberhaupt ist, rief die Geheimdienste zu einer Eilsitzung zusammen.

Griechenland rief seine Nachbarn auf, die Prinzipien der Demokratie und des Rechtsstaates einzuhalten. "Ohne diese (Prinzipien) werden (....) explosive Zustände erzeugt", erklärte das griechische Außenministerium.

Eindringlinge randalierten im Parlament

EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn kritisierte die Erstürmung des Parlaments "auf das Schärfste". Via dem Kurznachrichtendienst Twitter schrieb er: "Gewalt hat keinen Platz im Parlament. Die Demokratie muss ihren Lauf nehmen."

Rund hundert teils maskierte Demonstranten drangen am Donnerstagabend in das Parlamentsgebäude ein, schwenkten mazedonische Flaggen und sangen die Nationalhymne. Videobilder zeigten umgeworfene Stühle und Kamera-Stative. Reporter sahen Oppositionsführer Zoran Zaev mit blutverschmiertem Gesicht in einer aufgebrachten Menschenmenge.

Mehrere tausend Demonstranten

Die Demonstranten protestierten gegen den Plan des Sozialdemokraten Zaev, sich mithilfe einer Partei der albanischen Minderheit zum Regierungschef wählen zu lassen. Sie sehen darin eine Gefahr für die Einheit und Souveränität Mazedoniens. Für besonderen Ärger bei den Demonstranten sorgte der Versuch von Zaev und seinen Verbündeten, den albanisch-mazedonischen Politiker Talat Xhaferi zum Parlamentspräsidenten wählen zu lassen.

Mehrere Stunden nach dem Sturm auf die Volksvertretung übernahm die Polizei wieder die Kontrolle über das Gebäude. Etwa 2.000 bis 3.000 Demonstranten versammelten sich in der Nacht weiterhin vor dem Parlament.

Aufruf zur Gewaltlosigkeit

Präsident Gjorge Ivanov wandte sich in einer Fernsehansprache an seine Landsleute. "Ich rufe dazu auf, dass die Spannungen sich beruhigen", sagte er und rief zur Gewaltlosigkeit auf.

Mazedonien wird seit 2015 von einer politischen Krise gelähmt. Auch Parlamentswahlen im Dezember hatten keinen Ausweg gebracht. Präsident Ivanov weigert sich seitdem, Zaev ein Mandat zur Regierungsbildung zu erteilen, obwohl dieser mit den albanischen Abgeordneten eine Mehrheit im Parlament hätte. Ivanov wirft Zaev vor, "Mazedoniens Souveränität zu untergraben".

(fal)