"Überstunden sind Standard"
Horror-Job Soziale Arbeit! Zwei Drittel wollen kündigen
Laut einer AK-Erhebung denken zwei Drittel der Sozialarbeiter über einen Jobwechsel nach. "Regelmäßige Mehrarbeit ist der Standard", warnt die AK.
Zu wenig Personal, hohe Belastung, fehlende Anerkennung! Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter in Österreich stehen unter großem Druck. Vielen Angestellten reicht es nun scheinbar. Zwei Drittel denken über einen Jobwechsel nach, wie aus einer aktuellen Online-Befragung der Arbeiterkammer hervorgeht. Die Mehrheit gab außerdem an, mehr zu arbeiten als im Vertrag vereinbart.
Laut Daten des Sozialministeriums arbeiten in Österreich rund 43.000 Personen als Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Rund zehn Prozent haben in der Umfrage teilgenommen – mit vernichtendem Ergebnis.
"Regelmäßige Mehrarbeit ist der Standard"
Insgesamt sei die Personalsituation angespannt, Überstunden deshalb an der Tagesordnung: "Regelmäßige Mehrarbeit ist der Standard", erklärte Kurt Schalek von der AK Wien dazu. Rund zwei Drittel der Befragten arbeitet regelmäßig mehr, als im Arbeitsvertrag steht.
Auch der Anteil an Teilzeitbeschäftigten im Bereich Sozial Arbeit ist mit 65 Prozent österreichweit hoch. Allgemein liegt er hierzulande nur bei 30 Prozent. Als Hauptgrund für diesen Unterschied führt die Arbeiterkammer Wien das Geschlechterverhältnis an – Soziale Arbeit sei immer noch ein "Frauenberuf". Mehr als drei Viertel der Beschäftigten sei weiblich, die Teilzeitquoten bei Frauen deutlich höher als bei Männern. Es brauche auch hier eine Verbesserung der "strukturellen Rahmenbedingungen", um die Vereinbarkeit einer Vollzeitanstellung mit Aspekten wie Betreuungspflichten zu erhöhen.
Kein Berufsgesetz in Österreich
Ein weiteres Problem: Anders als in den Bereichen Pflege oder Psychotherapie gibt es derzeit keine klare und einheitliche Regelung für die Kompetenzen und Anforderungen für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter oder Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen. Es brauche ein "Berufsgesetz", erklärte Julia Pollak vom Bundesverband der SozialarbeiterInnen (obds): "Es handelt sich dabei tatsächlich um eine Gesetzeslücke", die von der nächsten Bundesregierung geschlossen werden müsse.
Auch Schalek hofft auf eine baldige Lösung, die Parlamentsparteien seien grundsätzlich nicht abgeneigt. Ein Berufsgesetz war auch Teil des Regierungsprogramms der aktuellen Koalition zwischen ÖVP und Grünen, wurde aber nicht umgesetzt.
Auch in der Ausbildung gebe eine "ganz massive Schieflage", meinte Pollak. Sie fordert qualitativ hochwertige Pflichtpraktika in der Ausbildung, um Personen rascher an den Beruf heranzuführen. Gleichzeitig müsse aber eine bessere finanzielle Grundlage geschaffen werden - für teilnehmende Einrichtungen und Praktikantinnen und Praktikanten. Es sei in der Branche noch einiges zu tun, die "Fragmentierung der Zuständigkeiten und der Föderalismus" seien dabei "sicher nicht förderlich".