Wirtschaft
Hier müssen Mitarbeiter Liebesbeziehung im Büro melden
Mitarbeiter des Springer-Verlags müssen ihre Beziehungen im Büro melden – vor allem im Falle von Liebesbeziehungen in einer Hierarchie.
Sollte die Leitung eines Unternehmens über innerbetriebliche Liebesbeziehungen Bescheid wissen dürfen? Der deutsche Medienkonzern Axel Springer setzt sich genau hierfür ein. Bis Jahresende will das Unternehmen ein Regelwerk mit Informationsstandards zu innerbetrieblichen privaten Beziehungen erstellen. Dies bestätigte das Medienhaus auf Anfrage der dpa.
Die Bestrebungen zielen auf Liebesbeziehungen ab, bei denen ein Interessenkonflikt bestehen könnte – etwa bei Abhängigkeitsverhältnissen zwischen Vorgesetzten und direkt untergebenen Kollegen. Hintergrund sind unter anderem Konsequenzen aus Ermittlungen im Frühjahr gegen Ex-"Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt.
„Soll Missbrauch entgegenwirken“
Zwar soll es keine generellen Verbote von Beziehungen geben, aber Mitarbeiter sollen in bestimmten Fällen, wie etwa genannten Interessenkonflikten, verpflichtet werden, den Arbeitgeber über Beziehungen zu unterrichten. In der Umsetzung wäre beispielsweise eine Vertrauensperson im Konzern oder eine zuständige Stelle in der Compliance- oder der Personalabteilung denkbar, die diese Informationen entgegennimmt.
Die Privatsphäre solle auf alle Fälle gewahrt bleiben.
Die angestrebte Änderung wird damit begründet, dass dadurch einem möglichen Missbrauch von Abhängigkeitsverhältnissen oder möglichen Ungerechtigkeiten in einer Abteilung durch Beziehungen und Nachteilen für Dritte entgegengewirkt werden soll. Dabei wolle man internationale Standards festlegen, die für alle Länder gelten.
„Betriebsrat bisher dagegen“
In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erklärte Konzernchef Mathias Döpfner das Vorhaben: "Schon vor vier Jahren wollten wir, unter dem Eindruck der MeToo-Bewegung in USA auf meine persönliche Initiative hin, eine Regel verabschieden, die Mitarbeiter verpflichtet, Liebesbeziehungen in einer Hierarchie offenzulegen. Aber das wurde von unserem damaligen Betriebsrat vehement abgelehnt. Unsere Arbeitnehmervertreterinnen zögern bis heute, eine solche Regel einzuführen." Er hoffe, bald zu einem konstruktiven Ergebnis zu kommen.
Der Prozess wurde indes nach Abschluss des Compliance-Verfahrens gegen Julian Reichelt neu gestartet. Im April habe der Vorstand beschlossen, dass eine solche Regelung eingeführt werden solle. Seitdem sei man in Gesprächen mit Arbeitnehmervertretern.