Schutzgeld-Vorwürfe
Hells-Angels auf Kuschelfahrt – "Lieben nur Motorräder"
Die tätowierten Rocker sollen einen Lokal-Chef aus OÖ attackiert und eingeschüchtert haben. Vor Gericht gaben sich die markanten Männer handzahm.
Der fast schon verzweifelte Versuch der Verteidiger, ihre markanten Mandanten (38, 50, 31) vor den Geschworenen als harmlose Harley-Fans zu umschreiben ("Das sind einfach Männer, die halt Motorräder lieben"), gelang wohl nicht ganz.
Hohe Sicherheitsstufe vor Gericht
Drei voll tätowierte Männer – darunter ein grimmiger "Gangsterrapper", der "lebenslange Haft" und "eiskalte Ziele" besingt – mussten am Mittwoch von vermummten Justizwachebeamten, WEGA- und Zivilpolizisten bewacht auf der Anklagebank des Wiener Landls Platz nehmen.
Neben Schutzgelderpressungen und Körperverletzung wurde den zwei Österreichern und dem fast zwei Meter großen deutschen Rapper (38) auch Wiederbetätigung vorgeworfen. Vor seiner Festnahme im vergangenen Oktober soll der Hells-Angels-Hühne übrigens volltrunken in Wien-Ottakring einer Frau ins Gesicht geschlagen haben. Nach dem Ausnüchtern grölte er vor Beamten in der Arrestzelle mehrmals den Hitlergruß und drohte, die Polizisten "bluten zu lassen" – wir berichteten.
Und auch der Hauptvorwurf hatte es in sich: Gemeinsam sollen die drei Angeklagten als Mitglieder der berüchtigten Hells Angels (einer noch als Anwärter) am 17. September 2023 im Bezirk Ried (OÖ) einen Lokal-Betreiber erst eingeschüchtert und dann verprügelt haben. "Entweder du zahlst oder wir kommen immer wieder", soll "einer der Männer mit Gesichtstattoos" laut einem Zeugen gedroht haben, bevor er zuschlug. Auch der DJ und ein unbeteiligter Lokal-Gast wurden verletzt.
Taxi musste Rocker gratis fahren
Und der Taxifahrer, der die Männer vom Tatort wegfahren musste und erkannt haben will, wurde laut Anklage auf den Nacken geschlagen und um seinen Fuhrlohn gebracht. "Sollte es eine Anzeige geben, bringe ich dich um. Du bist der Erste, den wir holen", sei zu ihm gesagt worden.
„In 20 Jahren gab es keine Anzeige gegen die Hells Angels in Österreich – nicht einmal Lärmbelästigung“
Verteidiger Philipp Wolm relativierte: "Motorradclubs sind für Männer, die Motorräder lieben. In 20 Jahren gab es keine Anzeige gegen die Hells Angels in Österreich – nicht einmal Lärmbelästigung." Als es im Lokal zum Vorfall gekommen sein soll, sei sein Mandant gerade in der Therme gewesen – "auf Liebesurlaub mit seiner Affäre". Nur zur Wiederbetätigung und dem Ausraster bei der Festnahme (als sogenannte Rauschtat angeklagt) bekenne sich der Rapper schuldig.
Auch die anderen Rocker gestanden lediglich "Kleinigkeiten", wie einen Faustschlag gegen einen verfeindeten Rocker der Bandidos, der einen Zahn verlor. Von der angeklagten Schutzgelderpressung wüsste auch der Drittangeklagte (31) nichts. Er habe früher als Behindertenbetreuer gearbeitet und mit Nazis nichts am Biker-Helm. Er sei – wie die anderen beiden Männer – in der Tatnacht nicht vor Ort gewesen.
Zahlreiche Zeugen, die das (hoffentlich freiwillig) belegen sollen, sind vorgeladen. Der Prozess ist auf mehrere Tage angesetzt. Bis zu 10 Jahre Haft drohen. Die Unschuldsvermutung gilt.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Drei Mitglieder der Hells Angels, darunter ein deutscher Rapper, stehen in Wien vor Gericht, weil sie angeblich einen Lokal-Betreiber in Oberösterreich eingeschüchtert und verprügelt haben sollen
- Die Verteidigung versucht, die Angeklagten als harmlose Motorradliebhaber darzustellen, während die Anklage ihnen neben Schutzgelderpressung und Körperverletzung auch Wiederbetätigung vorwirft