Inflation unter 3 Prozent
Handel: Riesen-Problem rauscht auf nächste Regierung zu
Der VPI ist erstmals seit mehreren Jahren auf unter drei Prozent gesunken. Der Handelsverband sieht aber eine massive strukturelle Schieflage.
Die Schnellschätzung der Inflation für den abgelaufenen Monat ist da. Laut Statistik Austria gibt es einen kleinen Anlass zur Freude: Erstmals seit drei Jahren liegt die Inflationsrate im Juli 2024 unter der Marke von drei Prozent, nämlich bei 2,9 Prozent. Von der EZB werden langfristig 2 Prozent angestrebt.
"Vor allem bei Lebensmitteln hat der Preisdruck deutlich nachgelassen, sie treiben die Inflation kaum noch an. Die Preisanstiege in der Gastronomie sind hingegen weiterhin überdurchschnittlich hoch", erklärt Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas die Daten.
Klar ist aber auch, die Teuerung in Österreich liegt immer noch über dem EU-Schnitt. Beim Rückgang hinken wir deutlich hinterher. Das zeigt auch der Vergleich mit den Eurostat-Daten des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) der Eurozone:
"Strukturelles Problem"
Der heimische Handel sieht einen deutlichen Standortnachteil. "Der Trend rückläufiger Teuerungsraten hält an, das ist positiv. Die Normalisierung der Inflation vollzieht sich aber in Österreich viel langsamer als im Schnitt des Euroraums, mühsam ernährt sich das heimische Eichhörnchen. Unter den 20 Euro-Ländern weist Österreich nach wie vor eine der höchsten Inflationsraten auf", sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.
Aufgrund eines langsameren Wirtschaftswachstums verliere Österreich an Wettbewerbsfähigkeit. "Das ist ein strukturelles Problem, wofür die nächste Bundesregierung im Herbst kraftvolle Antworten finden muss", so Will. Seine Empfehlung: Einsparungen im System statt neuer Steuern, dazu umfassende Strukturreformen.
Auf eigene Kosten
Will betont dabei die dämpfende Rolle des Lebensmittelhandels in der Inflationsentwicklung. Dieser hätte trotz Rekordinflation bewusst auf eine Preiserhöhung in vollem Umfang verzichtet, um die Teuerung bei den Endkundenpreisen abzufedern.
"Das war einer der Gründe, weshalb die allgemeine Inflation in Österreich deutlich höher war als im EU-Schnitt, die Teuerung bei Lebensmitteln hingegen deutlich niedriger. Der heimische Lebensmittelhandel hat hierfür sinkende Umsätze bei einer sehr geringen tatsächlichen Rentabilität in Kauf genommen."
Fruchtsäfte extrem verteuert
Hinzu kommt: Der seit knapp einem Jahr andauernde Rückgang der Erzeugerpreise verlangsamt sich. Im Juni 2024 lagen die Preise der österreichischen Unternehmen um 2,5 Prozent unter dem Niveau des Vorjahresmonats.
Die Erzeugerpreise bei alkoholfreien Getränken sind zuletzt um 6,1 Prozent angestiegen, wozu insbesondere Frucht- und Gemüsesäfte (+14,8 Prozent) und Limonaden (+7,9 Prozent) beigetragen haben.
Dafür hat der Preisdruck insbesondere bei Obst (-4,2 Prozent), Milch/Milchprodukten (-0,9 Prozent), Fleisch (+1,3 Prozent) und Gemüse (+1,5 Prozent) zuletzt deutlich abgenommen.
Auf den Punkt gebracht
- Die Inflationsrate in Österreich ist erstmals seit drei Jahren unter 3 Prozent gesunken
- Trotz des Rückgangs der Teuerungsraten in Österreich liegt die Inflation immer noch über dem EU-Schnitt
- Der Handelsverband sieht eine massive strukturelle Schieflage, die die Wettbewerbsfähigkeit des Landes beeinträchtigt