"Hacker-Einstiegsalter liegt oft bei 10 bis 15 Jahren"

Der Enkeltrick ist uralt. Und funktioniert immer noch. Er wird sogar immer besser. Die geklonte Stimme vom Enkel ruft an und sagt, er sei in einer Notlage. Oma soll bitte schnell 2.000 Euro an ein Konto überweisen. Oder der Firmendirektor ruft seinen Angestellten an und fordert ihn auf, 35.000 Millionen Dollar an den "Kunden" zu überweisen. Genau das ist passiert, erzählt der Organisationspsychologe (M.A.) und Kriminal- & Geheimdienstanalyst Mark T. Hofmann im Gespräch mit "Heute". Es war nicht die Stimme des echten Chefs, es war die Kopie seiner Stimme durch KI. Und der "Kunde" war ein Krimineller und Dieb. Auch in Wien nimmt die Zahl solcher Cyber-Verbrechen zu. Beim Spitzentreffen für Cyber Sicherheit im Wiener Rathaus am Donnerstag, 11. April, ist Mark T. Hofmann Key Note Speaker.

"Diese Anrufe sind sehr überzeugend", so Mark T. Hofmann. Sein Tipp: "Familien sollten sich ein Code-Wort ausmachen. Wenn jemand wirklich Hilfe und Geld braucht, dann bekommt er das, wenn er das vereinbarte Code-Wort sagt. Wenn nicht, ist Vorsicht geboten. Die können Stimmen klonen. Aber nicht Ihr Wissen."

Einstiegsalter für Hacker liegt bei 10-15 Jahren

Es gebe einige Klischees über Hacker, weiß Mark T. Hofmann. "Aber nicht alle stimmen. Es handelt sich in der Mehrheit nicht um den jungen männlichen Teenager im schwarzen Kapuzenpullover. Viele Gruppen agieren eher wie Unternehmen, haben verschiedene Abteilungen und manchmal sogar "Kundenservice". Das ist eine hochprofessionelle Industrie auf der dunklen Seite. Die meisten Hacker sind männlich, um die 30 Jahre alt und hochqualifiziert." Laut Hofmann steigt der Frauenanteil bei Hackern langfristig. Das Einstiegsalter liege bei 10 bis 15 Jahren. "Das sind Kinder mit einer Affinität fürs Gaming und entsprechenden Foren auf Reddit, Telegram und Co. Sie schauen auf Youtube beispielsweise erste Videos wie "how to hack your school" und so fängt der Radikalisierungsprozess an. Andere Videos mit ähnlichen Inhalten werden gezeigt. Die Kinder eignen sich im Selbststudium erstaunliche Fähigkeiten an."

Der harmlose Nachbar von nebenan kann dich zerstören

Die Kleinen fangen harmlos an. Dann hacken sie erstmal die Mitschüler, empfinden Macht. "In dem Alter zwischen 10-15 Jahren kann man jedoch mit Prävention noch ansetzen" so der Experte. Aber auch Leute ohne IT-Fähigkeiten können gefährlich werden. Für nur 20 bis 60 Dollar kann man DDoS-Angriffe kaufen, die eine ganze Webseite für Stunden lahmlegen können. Für Firmen mit besserer IT-Abwehr ist der Aufwand etwas höher und die Kosten bewegen sich bei rund 100 Euro.

Auch Erpresser-Software kann man mieten. Der Deal: 20 Prozent der erpressten Summe gehen an den Vermieter, ein Hacking-Unternehmen, den Rest darf der Nutzer behalten. Erpresser Software funktioniert so, dass sich ein Hacker Zugriff auf die Daten eines Computers verschafft, sensible Dateien sperrt und erst nach Zahlung des Lösegeldes wieder freigibt.

Auch Geheimdienste stellen Hacker ein – im Home Office

Auch Geheimdienste profitieren von der Arbeit von Hackern - wenn sie die Hacker für sich arbeiten lassen. Die Hackerangriffe von der Gegenseite hingegen können dramatische Folgen haben. Nicht umsonst hört man immer wieder vom Cyber War. Volkswirtschaftlich ist die Cyber Kriminalität ein enormer Faktor. 10,5 Billionen Dollar werden jedes Jahr mit Cyber Kriminalität erwirtschaftet. Zum Vergleich: "10,5 Billionen Dollar werden bis 2025 mit Cyber Kriminalität pro Jahr erbeutet. Das entspricht mehr als dem doppelten Brottoinlandsprodukt von Deutschland. Das ist eine Industrie", so der Experte. "In der Branche herrscht Fachkräftemangel." Denn die Branche wächst. Darum gibt es im Darknet Stellenausschreibungen für Hacker im Home Office ab 4.000 Euro Einstiegsgehalt.

Zum Schutz vor Attacken oder zur schnellen Hilfe bei erlittenen Angriffen hat die Stadt Wien vor eineinhalb Jahren die Cyber Crime Hotline eingerichtet. "Es ist super, so eine Nummer zu haben. Eine Anlaufstelle mit kompetenten Menschen, die den Bürgern im Cyber Notfall helfen können", findet Mark T. Hofmann. Die gute und schlechte Nachricht zugleich: "90 Prozent der Gefahren sind vermeidbar." Die Hacker profitieren von menschlichem Versagen, weiß der Experte.