Bars über Corona-Nachwehen
"Haben eine Generation von Ausgehjugendlichen verloren"
Mit Energiekosten um 120.000 € müssen Wiens Gastronomen heuer hantieren und mit Besucherrückgang. Die Jungen feiern heute lieber privat.
In der Wiener Innenstadt haben 2023 zahlreiche neue Bars eröffnet. Das Treehaus, das Sale Davide, das Harry's, das Neundreiviertel oder die Wagemut Bar und viele andere. Zugleich klagen einige Gastronomen, dass sich das Wiener Nachtleben bis heute nicht von Covid erholt habe. In Wien gibt es um die 750 Nachtlokale. In einem Text in der "Presse" hieß es, es liege an der Stimmung im Land und an einem veränderten Feierverhalten bei den Jungen.
Seit 2019 hätten landesweit circa zehn bis zwölf Prozent der Bars, Clubs und Diskotheken der Nachtgastronomie zugesperrt. Die Zahl könnte bis Jahresende noch auf 17-20 Prozent steigen. "Die goldenen Zeiten sind vorbei", heißt es. "Die Aussage ist leider richtig", so der Betreiber der Wagemut Bar am Kärtner Ring, Nicolas Kröger im Gespräch mit "Heute". Hier kämen mehrere Punkte zusammen – das Ausgehverhalten sei nämlich nur ein Aspekt, so Nicolas Kröger. Er sieht sechs Ursachen:
"Der Gast wird oft schlecht behandelt – das kann man sich wirklich sparen"
▶ "Steigende Lohnkosten: Die Personalkosten in Österreich (Tarifverträge, 14 Gehälter, hohe Sozialausgaben, etc) sind dermaßen hoch, dass es sehr schwer ist für die Gastronomie ein profitables Business zu führen"
▶ "Teuerung: Ausgehen kostet aufgrund steigender Kosten sehr viel. Das Angebot ist nach wie vor sehr hoch, wodurch viele Gastronomen trotz hoher Preise nicht rentabel sind. Siehe auch Punkt 1."
▶ "Arroganz und Bocklosigkeit in der Gastronomie: Der Gast zahlt sehr viel Geld und dann wird er oft auch noch arrogant und schlecht bedient – kann man sich dann ja wirklich sparen."
▶ "Unsicherheit in der Bevölkerung & Wirtschaft durch Inflation, Kriege, Rezession, etc – der Gast überlegt sich zweimal wofür das Geld ausgegeben wird. Das gleiche gilt für die Firmen, die die Weihnachtsfeiern bezahlen."
▶ "Steigende Steuern und sehr harte Besteuerung: Die Unternehmen können nicht mehr leichtsinnig Geld ausgeben. Es kommt noch hinzu, dass man als Unternehmen sehr stark besteuert wird. Du machst zwar viel Umsatz, es bleibt aber nicht viel übrig. Essen gehen kannst du auch nicht mal einfach vollständig von der Steuer absetzen. Darunter leidet die Gastronomie sehr."
▶ "Viele haben durch Corona gelernt, sich auch zu Hause zu treffen, etc."
Lies hier mehr zur Eröffnung der Wagemut Bar - dem Oscar-Gewinner der Neueröffnungen in Wien 2023
Der Rückgang von Feierpublikum ist auch in der Stadt spürbar geworden
"Vor Corona hatten wir an einem guten Abend im Durchlauf 2500 bis 3000 Besucher, derzeit sind es an Samstagen 1500 bis 1600", sagt Roger Pfister in der "Presse", seine Disco Prater Dome zählt zu den größten im Lande. "Bei uns ist der Rückgang vertretbar, aber am Land ist es dramatisch. Da liegt das Minus bei 30 bis 50 Prozent". Heuer hat er etwa 120.000 Euro Mehrkosten für Strom. Er möchte trotzdem leistbar bleiben.
Das jüngere Publikum trinke sich bereits zuhause preisgünstig einen an, bevor es dann nach Mitternacht in die Lokale gehe, so die "Presse". Sie zitiert Stefan Ratzenberger, der Sprecher des Verbandes der Nachtgastronomie: "Wir spüren die Teuerung auf der einen Seite, gerade bei den Energiekosten. Aber man kann das in der Nachtgastronomie, mit dem jungen Publikum, das nur ein beschränktes Budget hat, schwer weitergeben". Eine ganze Genration sei verloren gegangen durch Covid, die Lockdowns und seine Folgen, und durch die Teuerungen und die Energiepreiskrise.
"Wir haben eine Generation von Ausgehjugendlichen verloren"
Auch Harris Delic hat dieses Jahr eine neue Bar am Parkring (Innere Stadt) eröffnet. Er sagt "Dem Nachtleben geht es generell schlechter, den Leuten geht das Geld aus". Bei den 16-20 Jährigen sei es so, dass das ständige auf-zu, auf-zu während der Lockdowns Spuren hinterlassen habe. Covid hat diese Generation verunsichert, so Delic im Gespräch mit "Heute".
"Die Jungen gehen dann lieber privat feiern, kaufen Alkohol an der Tankstelle. Es ist 100 Prozent anders als in meiner Jugend. Es ist eine komische Zeit gerade im Nachtleben." Ratzenberger sieht es ähnlich. In der "Presse" sagte er: "Wir haben eine Generation Ausgeh-Jugendliche verloren. Diejenigen, die vor der Pandemie noch keine 16 waren, die sind jetzt um die 20, die sagen: Wir haben das alternative Feiern kennengelernt. Sie brauchen keine Disco, sie bleiben im Privaten, treffen sich im Sommer auch viel im Freien."
Innenstadtbars werden durch Besucher aus dem Ausland aufgefangen
Eine der feineren Bars in der Inneren Stadt ist die Miranda Bar. Hier gibt es Cocktails ab elf Euro und ein gediegenes Ambiente. Der Betreiber sagt: "Es ist aktuell weniger als im letzten Jahr. Es ist schräg, alles ballt sich in Richtung Wochenende, da ist es gesteckt voll, wir sind ausreserviert, aber unter der Woche ist es wenig. Nicht einmal der Donnerstag geht wirklich gut, es ist nur Freitag und Samstag wirklich etwas los", so Barkeeper und Gastronom Stanislaus Deininger in der "Presse". An der Teuerung liege das aber nicht, so ist er sicher.
"Wir hatten kürzlich ein großes Disco Meeting in Deutschland, die Tendenz ist überall gleich. Es sind wohl drei Punkte: Die Sozialen Medien, mit denen die Jungen ihre Freizeit oft verbringen. Dass sie sich viel im Privaten treffen. Und, die Preise: Wir müssen leistbar bleiben", sagt Pfister vom Praterdome in der "Presse". Es werde noch eine Weile so bleiben, so die Gastronomen. "Ich denke, 2024 wird für die Nachtgastronomen noch ein Kampf, ein schweres Jahr. Ab 2025 könnte es sich entspannen. Es wird nicht billiger. Und die Leute müssen annehmen, was ist. Das dauert", so Harris Delic.
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