EU-Chefinvestorin

"Haben 70 Jahre von Friedensdividende profitiert"

Die EU muss jetzt gewaltige Summen investieren, um in Sachen Energie und militärischer Sicherheit auf eigenen Füßen stehen zu können.

Newsdesk Heute
"Haben 70 Jahre von Friedensdividende profitiert"
Als Präsidentin der Europäischen Investitionsbank EIB ist Nadia Calviño die Chefinvestorin der EU. Am 11. September 2024 war sie zu Gast in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Screenshot ORF

Die Europäischen Investitionsbank ist eine wenig bekannte EU-Institution mit viel Macht und tiefen Taschen. Seit ihrer Gründung 1958 hat sie rund 1,5 Billionen Euro an Fördermitteln weltweit verteilt. Selbst sieht man sich am Sitz in Luxemburg als "Klimabank", die vorrangig grüne Projekte unterstützen und somit die Energiewende vorantreiben will. Aktuell stehen jährlich etwa 80 Milliarden Euro zur Verfügung.

Jetzt gibt es aber Druck aus Frankreich und anderen Ländern, auch verstärkt in die Atomkraft zu investieren. "Europa muss sich dieser Frage zweifelsfrei stellen. Die Priorität und Zielsetzung liegen aber klar im Bereich der Erneuerbaren Energie", sagt Wilhelm Molterer, ehemaliger EIB-Vize zum ORF.

Umweltschützer fürchten dennoch einen radikalen Kurswechsel: "Atomenergie ist eine riskante Technologie. Das wollen wir nicht gefördert haben", stellt ein Global-2000-Vertreter klar.

Auch Investitionen könnten wegen Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Bedrohung für Europa dadurch künftig hochgeschraubt werden. Bisher darf die EIB nur bei Projekten Geld zuschießen, die sowohl militärisch als auch zivile Nutzung haben. Könnten bald auch reine Rüstungsprojekte finanziert werden?

In der ZIB 2 Mittwochnacht nahm EIB-Präsidentin Nadia Calviño zu den Befürchtungen Stellung.

Investitionslücke

"Anstatt über die Zahlen einer Investitionslücke [es geht um bis zu 800 Milliarden Euro] zu diskutieren, müssen wir weitermachen. Als Europäische Investmentbank setzen wir riesige Summen pro Jahr in Bewegung und liefern Ergebnisse in Innovation, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und gemeinsamen Interessen. Wir sollten diesen Weg fortsetzen."

Als Präsidentin der Europäischen Investitionsbank EIB ist Nadia Calviño die Chefinvestorin der EU. Am 11. September 2024 war sie zu Gast in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Als Präsidentin der Europäischen Investitionsbank EIB ist Nadia Calviño die Chefinvestorin der EU. Am 11. September 2024 war sie zu Gast in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Screenshot ORF

Atomkraft

In Sachen Atomkraft seien die Positionen der Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich, erinnert Calviño. Als Investmentbank sei es wichtig, dass nur in "gute Projekte" investiert werde, die am Ende "finanziell, aus technologischer und ökologischer Sicht rentabel" wären. "Das ist der Weg nach vorne".

Die Finanzexpertin betont, dass die technologische Entwicklungen Photovoltaik und Windkraft nicht nur sauberer sondern auch billiger gemacht hätten. Die EIB investiere deshalb im Bereich Nuklearenergie vorrangig in Erforschung, Sicherheit und Recycling der Brennstäbe. Sie gehe davon aus, dass das auch weiterhin so sein werde.

Heuer seien etwa 200 Millionen an eine Recycling-Anlage in Rumänien geflossen. Gelder für große Kernkraftwerke habe es hingegen kaum gegeben. "Wir sind projektorientiert, jedes wird nach eigenen Vorteilen bewertet", so Calviño. Zielvorgabe für bestimmte Technologien gebe es hingegen keine.

Rüstung

Auch was reine Rüstungsinvestitionen wie Munition oder Panzer angeht, würden die Positionen zwischen den EU-Ländern weit auseinanderklaffen. Sie stellt aber klar: "Wir haben in den letzten 70 Jahren von der Friedensdividende profitiert, aber der Krieg in der Ukraine zeigt, dass wir für unseren eigenen Frieden nicht von anderen Weltmächten abhängig sein dürfen. Wir müssen Europas Kapazitäten im Bereich Sicherheit, Schutz und Verteidigung stärken."

Die EIB werde aber weiter nur in Projekte investieren, die auch einen zivilen Nutzen haben. Davon gebe es einige, die wirklich "notwendig" wären. Dazu zählt Calviño etwa den Grenzschutz.

Wiederaufbau der Ukraine

Aktuell wird ein Investitionspaket für den Winter geschnürt, das sich verstärkt der Reparatur des von den Russen gezielt zerbombten Stromnetzes widmet. "Wir sind fest entschlossen, die Ukraine weiter mit wichtiger Infrastruktur, Transport und Energie zu unterstützen". Auch soziale Infrastruktur, Schulen, Universitäten und Wohnhäuser werden mit den heuer etwa 500 Millionen Euro finanziert.

"Das Land wird aber unendlich viel mehr Geld brauchen", warf Armin Wolf ein, zitierte Experten-Schätzungen bis zu 1000 Milliarden Euro. Calviño: "Diese Zahlen sind wirklich überwältigend. Daher denke ich, dass wir uns jetzt lieber auf andere Bedürfnisse konzentrieren, mit Vorbereitungen beginnen und unsere Kräfte für die Wiederaufbauphase bündeln sollten." Sie sei überzeugt, dass die internationale Koalition auch weiterhin die Ukraine unterstützen werde.

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    Screenshot Facebook/Markus Reperich; Google Street View

    Auf den Punkt gebracht

    • Die Europäische Investitionsbank (EIB) spielt eine zentrale Rolle bei der Finanzierung von Projekten in den Bereichen Energie, Klimaschutz und militärische Sicherheit
    • Trotz des Drucks, mehr in Atomkraft und Rüstungsprojekte zu investieren, betont EIB-Präsidentin Nadia Calviño, dass die Bank weiterhin vorrangig in erneuerbare Energien und Projekte mit zivilem Nutzen investieren wird, während sie auch die Ukraine beim Wiederaufbau unterstützt
    red
    Akt.