Viktor Orban düpiert alle
"Großes Problem" – Experte über EU-Vorgang fassungslos
Am Donnerstag gab die EU grünes Licht für Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Dabei spielte Viktor Orban eine äußerst kuriose Rolle.
Für die Ukraine und Moldau ist der Weg für Beitrittsgespräche zur EU frei. Das haben die Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend auf dem EU-Gipfel in Brüssel beschlossen. Die Beitrittsverhandlungen sollen neben der Ukraine und auch mit der Republik Moldau beginnen. Stefan Lehne, Diplomat und Wissenschaftler für EU-Außenpolitik bei Carnegie Europe, war am Donnerstag live zu Gast im ZIB2-Studio bei Martin Thür. Dabei war nicht nur die Entscheidung über die Ukraine Thema, sondern auch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban. Denn dieser war zu dem Zeitpunkt, als der Entschluss gefallen war, nicht im Raum.
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Orban hatte sich zuvor mehrfach deutlich gegen die Entscheidung für den Start von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine ausgesprochen. Er begründete dies mit Reformauflagen, die die Ukraine noch nicht erfüllt hat. Kurz danach kritisierte er den Beschluss. In einem auf Facebook veröffentlichten Video sprach er am Donnerstag von einer "völlig sinnlosen, irrationalen und falschen Entscheidung". Er habe sich der Stimme enthalten.
Der Beschluss zur Aufnahme von Beitrittsgesprächen muss einstimmig von allen 27 EU-Mitgliedern getroffen werden. Ungarn hatte sich zu Beginn des Gipfeltreffens als einziges Land dagegen ausgesprochen. Nach Angaben aus EU-Kreisen wurde dies schließlich mit einer "pragmatischen Lösung" umgangen: Orban verließ für die Entscheidung den Sitzungssaal, dies sei mit ihm abgesprochen gewesen. Offenbar hatte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz auf dieses Vorgehen gedrängt. Pikant: Am Donnerstag beschloss die EU, zehn Milliarden Euro an eingefrorenen Fördergeldern für Ungarn freizugeben.
Keine Alternative in Ukraine-Frage
Lehne bezeichnete das Vorgehen im Gespräch mit Martin Thür als "präzedenzlos". Für ihn ist klar, dass die EU mit Orban ein "großes Problem" hat. Immerhin: Formal wurde beschlossen, dass Ungarn die Justiz stärken muss. Ungarn-Kenner gehen laut Lehne allerdings nicht davon aus, dass sich nennenswert etwas ändern werde.
Ein weiteres Problem für den Experten. Allmählich würde eine "gewisse Spaltung" in der Ukraine-Frage zu Tage treten. Aus seiner Sicht habe die EU und der Westen aber "keine Alternative", als die Ukraine zu unterstützen. Kreml-Despot Wladimir Putin machte nämlich am Donnerstag in einer Pressekonferenz klar, dass sein Ziel nach wie vor das gleiche sei: Im Kern geht es darum, dass die Ukraine nicht mehr als eigenständiger Staat existieren dürfe. Deswegen müsse der Westen "alles tun, was sie können um die Ukraine militärisch und wirtschaftlich zu unterstützen", so der Experte.