Rundumschlag vor Gesprächen

"Glasklar" – Kickl kritisiert Van der Bellen scharf

Die Gespräche der Parteichefs stehen bevor. Um für Klarheit bei der Regierungsbildung zu sorgen, veranstaltete Kickl am Montag eine Pressekonferenz.

Lukas Leitner
"Glasklar" – Kickl kritisiert Van der Bellen scharf
FPÖ-Chef Herbert Kickl bei der Pressekonferenz am Montag.
Sabine Hertel

Die FPÖ konnte im österreichischen Superwahljahr bis jetzt gleich mehrere Partei-Rekorde brechen. Neben einer erfolgreichen EU-Wahl im Juni und einem Sieg bei der Nationalratswahl vor rund zwei Wochen konnte die Partei nun auch im Landtag in Vorarlberg am Sonntag ihre Zustimmung verdoppeln.

Auf Bundesebene ist aber noch nicht alles geklärt – ein klarer Regierungsbildungsauftrag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen fehlt. Die drei stimmenstärksten Parteichefs sollen ihm zufolge zuerst erneut Gespräche führen. Diese beginnen am Dienstag. FPÖ-Chef Herbert Kickl wird sich mit Bundeskanzler Karl Nehammer das erste Mal treffen – der Kanzler soll zudem mit SPÖ-Chef Babler erneut ins Gespräch treten.

Pressekonferenz

Aus diesem Anlass veranstaltet Herbert Kickl am Montag (11 Uhr) eine Pressekonferenz zum Thema "Regierungsbildung". Dort will der Wahlsieger dann weitere Schritte vorstellen und Klarheit schaffen. "Die FPÖ war bei der Nationalratswahl der klare Wahlsieger. Der Wählerwille darf NICHT ignoriert werden, die Demokratie nicht beschädigt werden", schrieb Kickl in einer Ankündigung auf Facebook.

Gleich zu Beginn wurde verkündet, dass im Anschluss erneut keine Fragen beantwortet werden.

Die letzten Tage waren "ereignisreich", vor allem der Sonntag, an dem die FPÖ ein weiteres "historisches Ergebnis" erzielen konnte, leitete Kickl ein und gratulierte FPÖ-Vorarlberg Spitzenkandidat Christof Bitschi. Immerhin habe die FPÖ ihre Zustimmung verdoppelt.

Jetzt sei man sich seiner Verantwortung und seiner Rolle bewusst. Die Serie der Verlierer sei auch in Vorarlberg weitergegangen, die anderen Parteien würden sich trotz ihrer Verluste freuen. "In gewisser Weise eine Fortsetzung des Realitätsverlusts", polterte Kickl.

"Zwei Verlierer, die sich selber retten wollen"

Kickl wolle nun aber seine Positionen zum Thema "Regierungsbildung" genauer darlegen. In den letzten Wochen habe er den Eindruck gewonnen, dass bei SPÖ und ÖVP die Sicht auf die Nationalratswahl "getrübt ist". "Zwei Verlierer, die sich selber retten wollen" und nicht Österreich, so Kickl. ÖVP und SPÖ würden aktuell gegen den Wählerwillen arbeiten.

Zudem habe der FPÖ-Chef den Eindruck, dass Tatsachen und das logische Denken auf den Kopf gestellt werden – "um die Wähler zu täuschen". Als Beispiel nannte er das Schweigen über die katastrophale Entwicklung beim Budget.

Das alles sei gar nicht gut für das Land. Es sei für Kickl der Ausdruck von Verantwortungslosigkeit. Er wolle nun aber einen anderen Weg einschlagen – einen Weg der "Ehrlichkeit, der Logik und der ausgestreckten Hand". Die FPÖ wolle den Wählerauftrag ernst nehmen.

Kickl kritisiert Entscheidung von Van der Bellen

Am Mittwoch ist Van der Bellen vor die Öffentlichkeit getreten und betonte, dass er Klarheit wolle. Kickl schließe sich dem an, kritisierte aber, dass der Bundespräsident dafür verantwortlich gewesen sei, Klarheit zu schaffen. Das habe er aber nicht gemacht.

Das Ergebnis der Nationalratswahl sei "glasklar". "Es gab nur einen Gewinner – die FPÖ". Die ÖVP landete auf dem zweiten Platz und die SPÖ wurde das erste Mal in ihrer Geschichte Dritter.

"Für Klarheit hätte der Bundespräsident gesorgt, wenn er den Regierungsbildungsauftrag an den Wahlgewinner gegeben hätte", stellte Kickl klar. Das habe er Van der Bellen auch im persönlichen Gespräch erklärt.

Auf Basis des Wahlergebnis

Bislang hatte der Bundespräsident immer auf Basis des Wahlergebnis den Regierungsbildungsauftrag vergeben. Dabei sei es immer unklar gewesen, ob letztlich eine funktionierende Regierung daraus entstehen kann, betonte Kickl.

"Ein Regierungsbildungsauftrag an die stärkste Partei ist eine jahrzehntelang gelebte Praxis. Das weiß der Bundespräsident und das weiß die Bevölkerung", so Kickl. Ob dieser dann scheitert, ist vorher nicht bekannt.

Van der Bellen "widerspricht sich selbst"

Man stehe nun vor der Situation, dass das Volk der FPÖ einen klaren Auftrag gegeben habe. Der Bundespräsident komme dem aber nicht nach, widerspreche mit seinem Verhalten sogar sich selbst, so Kickl.

Van der Bellen hatte am Mittwoch von einer "Pattsituation gesprochen", weil keiner von den anderen Parteien mit Kickl regieren wolle. Unklar ist für Kickl aber, wieso es dann Gespräche geben sollte.

Denn wenn Van der Bellen der Meinung sei, dass sich nichts bewegt, sei die Aufgabe für Gespräche unsinnig. Glaube der Bundespräsident aber, dass sich aus den Verhandlungen etwas ergibt, stell sich dir Frage, "wieso hat er dann den Auftrag nicht gleich dem Wahlsieger gegeben?", so Kickl.

Außerdem könne bei Sondierungsgesprächen Vertrauen aufgebaut werden, weil man länger miteinander diskutiert und im Gespräch steht. Das sei aktuell aber nicht möglich.

Zudem hätte es auch 1999 einen "Patt" gegeben, erinnerte der FPÖ-Chef. Damals gewann die SPÖ die Wahl, die FPÖ wurde Zweiter. Die Sozialdemokraten schlossen eine Regierung mit den Freiheitlichen aber aus, dennoch vergab der Bundespräsident damals einen Auftrag. "Heute würde man von einem Patt sprechen", erklärte Kickl.

Hebert Kickl  - so kam er zur Pressekonferenz.
Hebert Kickl - so kam er zur Pressekonferenz.
Helmut Graf

Der Bundespräsident und die ÖVP würden, wenn die Volkspartei und die FPÖ in Verhandlungen treten, genau wissen, dass etwas herauskommen würde, sollen Kickl mehrere Menschen gesagt haben.

"In ein paar Tagen werde man Genaueres wissen", betonte Kickl. "Vielleicht ist bis dahin schon Klarheit eingetreten", so der freiheitliche Frontman.

Kickl zu Nehammer

Der Bundeskanzler hatte vor wenigen Tagen ein Videobotschaft veröffentlicht und sich "weiter einzementiert". Damit habe er die "Linke-Cancel-Culture" erhoben. "Die FPÖ soll 'weggecancelt' werden", teilte Kickl mit.

Am Dienstag werde Kickl nun ins Gespräch mit Nehammer treten. Dazu wolle er sich in einigen Punkten äußern. Erstens haben sich die Menschen bei der Nationalratswahl für eine "Mitte-rechts Koalition" entschieden, bei der die FPÖ die Überhand hat.

"Zweitens ist Karl Nehammer der große Verlierer dieser Nationalratswahl", so Kickl. Er sei Bundeskanzler geworden, ohne dass sich Nehammer einer Wahl stellen musste. Nun habe es diese Wahl aber gegeben und es war "ein Absturz, ein totaler Absturz". Dass Nehammer nun weiter den Kanzler stellen wolle, sei "absurd" und eine "Missachtung des Wahlergebnisses".

Geht nur mit FPÖ

"Drittens: Nehammer muss mit seinem Handeln jetzt folgende zentrale Frage beantworten müssen: Was zählt für die ÖVP wirklich'", fuhr Kickl fort. Die Volkspartei müsse jetzt klarstellen, ob sie ihr Wahlprogramm umsetzen würde und das einlöse, was sie versprochen hatte. Das geht laut Kickl aber nur mit der FPÖ und nicht mit einem "marxistischen" Dreiergestell.

Vierter Punkt: Der Bundespräsident hat in seiner Stellungnahme die Regierungsfähigkeit der FPÖ und ÖVP bestätigt. Denn mit der Anordnung zu Gespräche, stellte Van der Bellen klar, dass Nehammer und Kickl zusammenfinden können.

Fünftens: Kickl wolle weiterhin eine Regierung anführen. Die Wähler haben eine Entscheidung getroffen "und an nichts anderem haben sich die Parteien nun zu orientieren", stellte Kickl klar. Darum gehe es jetzt.

Kickl sei jetzt bereit, "einen Schritt entgegen zu machen". Wenn die anderen Parteien dies ebenfalls tun würden, gebe es keinen "Patt" mehr.

"Wann, wenn nicht jetzt?"

Sechster Punkt: Nehammer habe nach der Wahl gefordert, dass die FPÖ den Regierungsbildungsauftrag bekomme. Diese Aussage des Bundeskanzlers müsse jetzt auch noch gelten, immerhin wolle Nehammer "glaubwürdig" sein.

Siebtens: Aber nicht nur Nehammer habe sich in diese Richtung geäußert, sondern auch andere Politiker. Nehammer habe eine Rückendeckung in der eigenen Partei.

Letztlich muss sich Karl Nehammer nun entscheiden, ob er seine Blockade aufgibt. Nehammer müsse nach "einer Wahlschlappe" umdenken. "Wann, wenn nicht jetzt?", fragte Kickl. "Einsicht statt Sturheit", müsse jetzt gelten.

"Vernünftige Kräfte in der ÖVP"

Kickl denke, dass in den nächsten Tagen die "vernünftigen Kräfte in der ÖVP gefordert sind". Man dürfe Nehammer in seinem Zustand nicht alleine lassen, so Kickl. Der FPÖ-Chef wisse, dass es diese "vernünftigen Kräfte" in der Volkspartei gebe. Nun gelte es, die Gespräche der nächsten Tage abzuwarten.

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    Auf den Punkt gebracht

    • FPÖ-Chef Herbert Kickl plant am Montag eine Pressekonferenz zur Regierungsbildung, um Klarheit zu schaffen, nachdem die FPÖ bei mehreren Wahlen Rekorde gebrochen hat
    • Trotz der Erfolge auf Landesebene fehlt noch ein klarer Regierungsbildungsauftrag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, weshalb die Parteichefs, darunter Kickl, Nehammer und Babler, am Dienstag erneut Gespräche führen werden
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