Gazastreifen

Gesichtserkennung macht Zivilisten zu Hamas-Kämpfern

Eine Software soll auch schlecht sichtbare Gesichter zuverlässig identifizieren können. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus.

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Gesichtserkennung macht Zivilisten zu Hamas-Kämpfern
Die israelische Armee setzt im Gazastreifen im grossen Stil Gesichtserkennungssoftware ein.
IMAGO/UPI Photo

Israel setzt im Zuge seiner Militäroffensive in den Gazastreifen auch im großen Stil Gesichtserkennungstechnologie ein und hat dazu – ohne deren Einwilligung – auch eine Datenbank der palästinensischen Bevölkerung in dem Gebiet erstellt. Dabei setzt der Armeegeheimdienst auf die Foto-App von Google und auch auf Technologie der Firma Corsight.

Es sind große Versprechen, die der in Tel Aviv ansässige Softwareentwickler zu seinem Gesichtserkennungstool macht: Die Technologie soll Personen auch dann zuverlässig identifizieren können, wenn weniger als 50 Prozent des Gesichts erkennbar sind.

Kameras scannen Fluchtrouten

Die Software greift dafür auf Bilder von Überwachungskameras zurück, die entlang der Fluchtrouten in Richtung Süden Gesichter scannen. Basierend auf diesen Bildern und Aussagen von palästinensischen Gefangenen würden dann "Hit-Lists" erstellt, wie ein Offizier gegenüber der "New York Times" berichten.

Laut Erfahrungsberichten israelischer Soldaten ist das Versprechen von Softwarehersteller Corsight aber weit von der Realität entfernt: Vor allem bei schlecht aufgelösten Bildern oder Aufnahmen, in denen nur Teile des Gesichts erkennbar sind, sei die Software nicht genau und identifiziere teilweise Personen fälschlicherweise als Hamas-Kämpfer.

Verhaftet, verprügelt, ausgesetzt

Welche Konsequenzen das haben kann, erfuhr der palästinensische Dichter Mosab Abu Toha. Er wurde Mitte November 2023 an einem Militär-Checkpoint aufgegriffen, als er mit seiner Familie nach Ägypten ausreisen wollte. Die Gesichtserkennungssoftware identifizierte Toha als gesuchte Person, weshalb der 31-Jährige verhaftet und danach zwei Tage lang verhört und verprügelt wurde. Danach wurde er ohne Erklärung wieder nach Gaza gebracht.

Während die Berichte israelischer Soldaten Zweifel an der Zuverlässigkeit der eigens für Polizeieinheiten und das Militär entwickelten Software von Corsight aufkommen lassen, nutzt die israelische Armee offenbar auch frei zugängliche Technologie, um tatsächliche und angebliche Hamas-Kämpfer zu identifizieren.

Foto-App für Kriegszwecke

Wie die "New York Times" weiter schreibt, haben Geheimdienstoffiziere in der Google-Photos-App Datenbanken mit "bekannten Personen" hochgeladen und die Fotosuchfunktion zur weiteren Identifizierung von Personen genutzt. Ein Offizier gab gegenüber der Zeitung an, dass Google Fotos von Personen auch dann identifizieren könne, wenn nur ein kleiner Teil ihres Gesichts zu sehen sei. Dies mache es besser als andere Tools wie jenes von Corsight. Doch die Technologie ist nur in 80 bis 85 Prozent der Fälle zuverlässig – immer wieder ordnet die App Personen auf Fotos Aufnahmen zu, die klar erkennbar einen anderen Menschen zeigen.

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