50 Arten in Österreich
Gelsenplage – Blutsauger verbreiten gefährliche Viren
Immer früher, immer mehr: Österreich muss sich im Sommer auf eine Gelsen-Invasion einstellen, die zur Ausbreitung des West-Nil-Virus beitragen kann.
Seit zwei Wochen sind die ersten Gelsen unterwegs. Das ist ungewöhnlich früh, denn normalerweise schwirren die Blutsauger erst Mitte Mai aus. "Aufgrund der bereits sehr hohen Temperaturen kamen die Gelsen frühzeitig aus ihren Winterquartieren", bestätigt der renommierte Virologe Norbert Nowotny gegenüber "Heute".
Damit laueren uns die lästigen Stechmücken nicht nur früher auf, sondern auch besonders viele von ihnen. "Beginnt der Frühling früher und bleibt es im Herbst länger warm, haben die Gelsen mehr Zeit sich zu vermehren."
Durch Gelsenstiche übertragen
Juckende Gelsendippel sind dabei künftig die geringere Sorge von Wissenschaftlern und Medizinern, denn mit den Insekten nehmen auch gefährliche Viren zu und können sich besser ausbreiten. "Die Viren vermehren sich mit den Gelsen. Das heißt, kommt es bei den Stechmücken durch die milden Temperaturen zu mehr Vermehrungszyklen, gibt es auch mehr von ihnen übertragbare Krankheitserreger", erklärt der Experte.
„Wenn diese Tigermücke noch häufiger in Österreich vorkommt, dann kann es auch hierzulande zu Dengue-Ausbrüchen kommen.“
Dazu braucht es eigentlich nicht einmal die Ansiedlung neuer Blutsauger, die durch das veränderte Klima begünstigt wird. Darunter die asiatische Tigermücke, die unter anderem das Dengue-Fieber oder Chikungunya überträgt. Krankheiten, die bisher nur als Urlaubsmitbringsel aus den Tropen mitgebracht wurden und hierzulande nicht durch Mückenstiche weiterverbreitet wurden. Doch das kann sich schnell ändern, warnt Nowotny: "Wenn diese Tigermücke noch häufiger in Österreich vorkommt, dann kann es auch hierzulande zu Dengue-Ausbrüchen kommen. Haben wir noch nicht, aber wenn es so mit dem Klimawandel weitergeht, ist das nur eine Frage der Zeit."
West-Nil-Virus in Österreich
In der Zwischenzeit kann die in Österreich heimische Gemeine Hausgelse (Culex pipiens) das West-Nil-Virus übertragen. Der Krankheitserreger breitet sich zunehmend in Europa aus, berichteten zuletzt Forscher im Fachjournal "Plos Pathogens".
Normalerweise zirkuliert das Virus zwischen blutsaugenden Stechmücken und Vögeln, die seine "Hauptwirte" sind. Menschen und andere Säugetiere, insbesondere Pferde, können zwar auch daran erkranken, geben es jedoch nicht weiter.
Auch ist das Risiko, sich in Österreich anzustecken und an West-Nil-Fieber zu erkranken, sehr gering. Seit 2015 werden jährlich fünf bis sieben Infektionen gemeldet. 2023 gab es nur einen einzigen Fall, wobei sich die Person höchstwahrscheinlich in Italien infiziert hat.
Die Krankheit äußert sich meist mit grippeähnlichen Symptomen. Rund 80 Prozent der Infektionen beim Menschen bleiben in der Regel jedoch unbemerkt. In weniger als ein Prozent der Fälle kommt es zu einem schweren Verlauf mit Hirnhautentzündung, Hirnentzündung oder Lähmungen, die zu bleibenden Schäden oder dem Tod führen können. In Österreich gab es bisher keinen Todesfall beim Menschen.
Gelsen unter Beobachtung
Um die Ausbreitung der Stechmücken und von möglichen Krankheitserregern im Auge zu behalten, wird in Österreich seit einigen Jahren ein bundesweites Gelsen-Monitoring betrieben. Dabei werden an 37 ausgewählten Standorten Gelsen mittels speziellen Fallen gesammelt und ihre Art bestimmt. So konnten in Österreich bisher etwa 50 verschiedene Arten von Gelsen nachgewiesen werden.
Auf den Punkt gebracht
- In Österreich breitet sich die Gelsenplage immer stärker aus, da die hohen Temperaturen die Vermehrung der Stechmücken begünstigen
- Dies kann zur Ausbreitung gefährlicher Viren wie dem West-Nil-Virus führen, wodurch die Gesundheitsrisiken für Menschen und Tiere steigen
- Durch ein bundesweites Gelsen-Monitoring werden die Stechmücken und mögliche Krankheitserreger beobachtet, wobei bisher etwa 50 verschiedene Gelsenarten in Österreich nachgewiesen wurden