"Im Zweifel"

Freispruch für IS-Kämpfer - jetzt fiel Urteil in Wien

Ein Tschetschene wurde von einem Landsmann beschuldigt, für den IS gekämpft zu haben. Vor Gericht zog der Häftling seine Aussagen nun zurück. 

Wien Heute
Freispruch für IS-Kämpfer - jetzt fiel Urteil in Wien
Verdächtiger wurde von bewaffneten Polizisten in den Gerichtssaal geführt.
Helmut Graf

Der Angeklagte (27) war Montag mit Handschellen, Fußfesseln und an einem Bauchgurt von maskierten und schwerbewaffneten Justizwache-Beamten in den Gerichtssaal in Wien geführt worden. Das Großaufgebot der Polizei machte ihm sichtlich Freude. "Ich bekomme Respekt", so der Verdächtige. "Im Gefängnis und auch hier."

Er hat dem IS zugesagt, ihn von Österreich aus zu unterstützen.
Staatsanwältin
über den Angeklagten

Ein "Datenblatt" der Terror-Organisation und die Aussagen eines ehemaligen Mithäftlings sollten Montag (19.2.) den Terrorvorwurf beweisen. Der Tschetschene wies alle Anschuldigungen zurück. Er habe in der Türkei nur "eine Freundin" besucht, in Syrien sei er nie gewesen. Auf Drängen seiner Eltern kam er zurück nach Wien. "Er hat dem IS aber zugesagt, ihn von Österreich aus zu unterstützen", so die Staatsanwältin. 

Terrorvideos am Handy

Ein ehemaliger Mithäftling hatte seinen Ex-Komplizen gegenüber Verfassungsschutz-Beamten schwer belastet. Der 27-Jährige habe ihm rund 20 Videos am Handy gezeigt, auf denen er bewaffnet mit einer Kalaschnikow vor zerstörten Häusern mutmaßlich in Syrien zu sehen sei. Der Angeklagte gab angeblich damit an, "auf Menschen geschossen" zu haben. 

"U-Turn" vor Gericht

Der mit Spannung erwartete Kronzeuge legte dann vor Gericht jedoch einen spektakulären "U-Turn" hin. "Ich habe Blödsinn geredet", so der Belastungszeuge. "Ich war eifersüchtig auf ihn, weil er besser im Sport und im Boxen war. Ich wollte ihm keine Probleme machen. Was ich gesagt habe stimmt alles nicht." 

Vater aus dem Saal geworfen

"Sind Sie im Gefängis eingeschüchtert oder bedroht worden?", wollte die Staatsanwältin wissen. Nein, er habe damals einfach nur "Blödsinn geredet". Die Anklage basierte zu einem großen Teil auf den Aussagen des verurteilten Räubers. Dementsprechend schlecht war die Laune der Richterin – und es wurde ein wenig chaotisch. Nach einem Wortgefecht wurde der Vater des Angeklagten aus dem Saal geworfen. "Es reicht!", so der Pensionist zur Richterin. Mehrere Polizisten brachten den Mann mit der russischen Uschanka-Mütze aus dem Saal. Damit nicht genug: Weil Angehörige der tschetschenischen Familie des Angeklagten am Gang laut waren, stürmte die Richterin nach draußen, um ihnen die Leviten zu lesen. Zuvor gab es schon Probleme mit Verwandten, die im Saal immer wieder das Geschehen kommentierten. 

Freispruch im Zweifel

Dem Schöffensenat reichte die Beweislage nicht aus. Das Urteil am späteren Nachmittag: Freispruch im Zweifel – nicht rechtskräftig!

Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Der Kronzeuge habe ein Drogenproblem, das spiele eine Rolle bei seiner Glaubwürdigkeit, so die Richterin. Die Beweislage für eine Verurteilung würde nicht ausreichen. Es können nicht festgestellt werden, ob der Verdächtige wirklich in Syrien auf Seiten des IS gekämpft habe.

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