Brennpunkt Wien-Favoriten
Frauen in Angst – "Nach 20 Uhr gehen wir nicht raus"
Beim Lokalaugenschein am Reumannplatz äußerten sich Anwohner über die Lage vor Ort. Zwei Wienerinnen fürchten sich bereits in der Dämmerung.
Selbst unter tags ist der Wiener Reumannplatz im Herzen des zehnten Hiebs kein Ort, der zum Verweilen einlädt. Zwar locken die Eismarillenknödel vom Tichy, doch rund um die Ausgänge der U1-Station kann man selbst um die Mittagszeit auf Unruhestifter jeglicher Art treffen. Das wissen auch die Wienerinnen Beatrix (55) und Teresa (56).
Die Freundinnen fürchten sich in Favoriten alleine auf der Straße: "Nach 20 Uhr gehen wir nicht mehr raus", legen sich die beiden Frauen im Gespräch mit "Heute" fest. Die beiden Anwohnerinnen erinnern sich noch an die Zeit zurück, als sie hier herzogen. "Die letzten 15 Jahre ist es einfach nur bergab gegangen", so ihr ernüchternder Befund.
Alles sei hier zu geballt, Einwanderer müssten überall in Wien leben – außegerechnet in Favoriten würden besonders viele kommen. "Dadurch ist hier ein Ghetto entstanden", so die Wienerinnen, deren Lebensqualität darunter leidet. "Man ist sehr vorsichtig anderen gegenüber. Gruppen von Personen muss man ständig beobachten."
Auch Opernsängerin Albena (38) kann ein Lied von der ungemütlichen Lage vor Ort singen: "Wenn ich nachts nach Hause komme, bin ich nie alleine", versucht sie sich vor "gefährlich aussehenden Personen" zu schützen. Wenn man niemanden störe und keine provokante Kleidung trage, gäbe es keine Probleme, sagt sie. Trotzdem will die Mutter bald von hier wegziehen – wegen der Schule für ihre Tochter. "Am liebsten in den 19. oder den 13. Bezirk – nur weg vom zehnten."
Nördlich vom "Reumann" reihen sich in der Fußgängerzone auf der Favoritenstraße nur noch Döner-Imbisse an billige Euroshops. Am Keplerplatz wird mittlerweile sogar offen mit Drogen gedealt und konsumiert. In der letzten Zeit kam hier zu furchtbaren gewalttätigen Angriffen. Die Politik reagierte mit einer Waffenverbotszone.
Das bescheidene Resultat der Maßnahme: In den ersten fünf Wochen führten 74 Planquadrate zu 190 Anzeigen, nur neun Messer wurden sichergestellt. Doch der Kanzler strich bei seinem Lokalaugenschein im Beisein des Innenministers am Mittwoch heraus: Die Straftaten seien insgesamt um rund 60 Prozent zurückgegangen.
Waffenverbot am Reumannplatz – "Heute" hat sich umgehört
Der pensionierte Polizist Franz (79) findet: "Beamte müssen hier ernst genommen werden." Da der Anwohner selbst bei der Exekutive war, versteht er, "dass Menschen Angst haben". Die Polizei dürfe bei Einsätzen aber nicht behindert und bespuckt werden – wie das schon der Fall gewesen sein soll. "Jeder, der hier illegales macht, soll heimgeschickt werden. Kriminalität brauchen wir hier nicht", legt sich der Wiener fest.