Abschaffung des Zuverdienstes

Frau verliert Job: "AMS-Reform stürzt mich ins Unglück"

"Ich habe mit großer Sorge von der geplanten Streichung der Zuverdienstgrenze beim Arbeitslosengeld gehört", zittert jetzt eine Niederösterreicherin.
Niederösterreich Heute
11.04.2025, 08:45

Laut Plänen der Bundesregierung soll der geringfügige Zuverdienst während der Arbeitslosigkeit "im Regelfall nicht mehr möglich sein", nur wenige Ausnahmen soll es geben. Ziel seien mehr Anreize für Vollzeit-Beschäftigte. Wie der Plan und die große AMS-Reform konkret aussehen sollen, steht nicht ganz fest. Die Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeit ist aber im Regierungsprogramm fix eingeplant.

Schon die Ankündigung sorgt bei Betroffenen für Sorgenfalten: "Ich habe mit großer Sorge von der geplanten Streichung der Zuverdienstgrenze beim Arbeitslosengeld gehört und sehe darin eine weitere massive Einschränkung für Menschen über 50, die versuchen, sich mit einer Selbständigkeit eine neue berufliche Existenz aufzubauen. Ich bin selbst betroffen", wandte sich jetzt eine Niederösterreicherin an "Heute".

"So ist es nicht immer"

Ihr sei "völlig bewusst, dass es Menschen gibt, die das System ausnützen – und dass es Regeln braucht, um Missbrauch zu verhindern". Aber: "So ist es nicht immer."

"Realitätsfern und existenzbedrohend"

Die Frau, die anonym bleiben möchte, greift auch die aktuelle Situation auf: "Was viele nicht wissen – und das betrifft bereits die bisherige Regelung: Wer versucht, eine Selbständigkeit aufzubauen, darf beim AMS ebenfalls nur bis zur Geringfügigkeitsgrenze von derzeit 551,10 € monatlich (im Jahresdurchschnitt!) verdienen. Und diese Grenze gilt nicht nur während des Bezugs, sondern für das gesamte Kalenderjahr."

Ein Beispiel: "Wer von Jänner bis April Arbeitslosengeld bezieht und sich danach beim AMS abmeldet, darf im restlichen Jahr trotzdem nur geringfügig verdienen – sonst droht eine Rückzahlung in voller Höhe des bezogenen Geldes. Während es bei einer Anstellung völlig egal ist, wie viel man verdient – hier gibt es keine Rückzahlung. Ein einziger Euro zu viel kann mehrere Tausend Euro Rückzahlung bedeuten. Das ist nicht nur realitätsfern, sondern existenzbedrohend", so die Frau weiter.

Und das treffe vor allem ältere Menschen, die aus gesundheitlichen, strukturellen oder altersbedingten Gründen keinen Zugang mehr zum klassischen Arbeitsmarkt finden – aber dennoch aktiv und selbstverantwortlich arbeiten wollen.

"Es wird zwar angedeutet, dass es Ausnahmen für ältere oder langzeitarbeitslose Menschen geben soll – doch wie diese konkret aussehen, ist völlig offen", zeigt sich die Niederösterreicherin verunsichert.

"Ich habe mit 50 meinen Job verloren"

Dann führt sie ihre persönliche Situation ins Treffen: "Ich selbst habe mit 50 meinen Job verloren, mich neu orientiert und arbeite derzeit mit großer Überzeugung am Aufbau meiner Selbständigkeit – mit dem Wunsch, nie mehr abhängig zu sein. Doch genau dieser Aufbau wird durch solche Regelungen nahezu unmöglich gemacht. Selbständigkeit braucht Zeit und Vertrauen." Kunden würden nicht von heute auf morgen kommen.

"Diese Reform bestraft Mut"

Und wie solle das dann plötzlich ab Jänner "funktionieren", wenn man vorher gar nicht aufbauen durfte? "Wenn nun jegliche Zuverdienstgrenze fällt – bedeutet das dann auch, dass Selbständige das ganze Jahr über nichts mehr verdienen dürfen? Diese Reform verhindert keinen Missbrauch, sie bestraft Mut. Und entzieht gerade den Menschen die Luft,
die gestalten wollen, statt aufzugeben. Ich will mich nicht erhalten lassen – ich will arbeiten. Ich will etwas bewirken. Was ich brauche, ist keine Beschränkung, sondern echte Unterstützung", betont die Frau.

"Heute" fragte bei der Arbeiterkammer Niederösterreich an, was das Thema Selbstständigkeit und Arbeitslosengeld betrifft. Dazu Arbeitsmarktexpertin MMag. Claudia Cervenka: "Wenn man arbeitslos ist und aus der Arbeitslosenversicherung Geld bezieht, dann soll man dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Man kann also nicht gleichzeitig selbständig sein, man kann allerdings das Unternehmensgründungsprogramm durchlaufen, mit dem Ziel selbständig zu werden. Das ist auch weiter möglich."

AK lehnt Pläne klar ab

Die Pläne der Regierung, die Möglichkeit des Zuverdienstes für Arbeitslose zu streichen, stoßen jedenfalls bei AK-Präsidentin Renate Anderl auf klare Ablehnung. Sie sieht darin keinen Beitrag zur Lösung aktueller Herausforderungen am Arbeitsmarkt: "Die Versäumnisse, die dadurch entstanden sind, dass die vorherigen Regierungen keine zeitgemäße Arbeitsmarktreform umgesetzt haben, müssen jetzt Arbeitslose ausbaden."

Aus Sicht der AK bestehe beim "ohnehin strengen Arbeitslosenversicherungsgesetz keinerlei Bedarf für zusätzliche Verschärfungen". "Eine geringfügige Beschäftigung ist für viele Arbeitssuchende die einzige Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt ausreichend zu bestreiten. Außerdem haben sie dadurch einen Fuß in der Tür zum Arbeitsmarkt. Statt den geplanten Einschränkungen für diejenigen, die es ohnehin schon schwer haben, brauchen wir gezielte Vermittlung und treffsichere Qualifikationsmaßnahmen", so Anderl. Ihr Zugang lautet: "Beraten statt Strafen" – dazu zählen mehr hochwertige Qualifizierungsangebote, eine personelle Aufstockung des AMS und mehr Chancen auf Beschäftigung für Langzeitarbeitslose.

Auf "Heute"-Anfrage beim AMS heißt es seitens einer Sprecherin: "Wir können dazu nichts sagen. Uns liegt überhaupt kein Entwurf zur Reform vor."

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 11.04.2025, 09:02, 11.04.2025, 08:45
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