Ukraine-Krieg

"FAB-1500 ist die Hölle" – Russen setzen auf neue Waffe

Putins Armee hat uralten Fliegerbomben neue Flügel gegeben. Die 1,5-Tonnen-Geschosse zeigen eine vernichtende Wirkung auf ukrainische Stellungen. 

Roman Palman
"FAB-1500 ist die Hölle" – Russen setzen auf neue Waffe
Screenshot eines Videos, das den Einschlag einer russischen FAB-1500 in Krasnogorowka nahe Donezk zeigen soll.
Screenshot Twitter/UkraineNewsLive

Der Krieg in der Ukraine nimmt eine weitere unschöne Wendung für die Verteidiger. Sie werden jetzt zunehmend von der russischen Luftwaffe von weit hinter der Front mit Gleitbomben mit enormer Sprengkraft ins Visier genommen – ohne, dass die eigene Luftabwehr viel dagegen tun kann.

Besonders die FAB-1500 verbreitet jetzt unter den Ukrainern Angst und Schrecken, berichtet CNN. Ihre Typenbezeichnung setzt sich aus dem russischen Akronym für fugasnaya aviatsionnaya bomba und ihrem Kaliber in Kilogramm zusammen. Der Sprengkopf alleine macht dabei rund die Hälfte des Gewichts aus.

"Dumme" Bomben beflügelt

Diese eigentlich "dummen" Fliegerbomben wurden in den 1950er Jahren entwickelt und mussten ursprünglichen direkt über die Zielgebiet abgeworfen werden. Die spärlich gesäte aber hochgefährliche Luftabwehr auf ukrainischer Seite, etwa mit westlichen Patriot-Systemen, machte eine Annäherung russischer Kampfjets und damit einen Abwurf aber bisher unmöglich. Doch sie müssen nicht mehr so nah ran.

FAB-1500 – hier werden die Bomben umgebaut

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    Die russische Armee hat eine neue, verheerende Verwendung für ihr riesiges Arsenal aus sowjetischen Fliegerbomben gefunden.
    Die russische Armee hat eine neue, verheerende Verwendung für ihr riesiges Arsenal aus sowjetischen Fliegerbomben gefunden.
    IMAGO/ITAR-TASS/Russisches Verteidigungsministerium

    Die uralten Bunkerbrecher werden nun in einer Waffenfabrik im Raum Moskau im großen Stil aufgemotzt und mit einem Gleit-Aufsatz ausgestattet. Das ermöglicht es, sie mit einem Kampfjet rund 60 bis 70 Kilometer hinter der Front – weit außerhalb der Reichweite ukrainischer Luftabwehr – abzusetzen. Dann gleitet die 1,5 Tonnen schwere Bombe auf ihren ausklappbaren Stahlflügeln ins Ziel. Gesteuert wird sie dabei per GLONASS, dem russischen GPS.

    Billig, aber vernichtend

    Erste Testeinsätze dieser Umbauten sind ab März 2023 dokumentiert, inzwischen werden sie in großer Zahl abgeworfen. Zuletzt wurde die Stadt Awdijiwka damit völlig zerschossen: "Innerhalb von 48 Stunden wurden 250 von ihnen eingesetzt", sagt der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe Juri Inhat im Gespräch mit CNN.

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      Die ukrainische Armee musste nach vier Monaten verlustreichen Kampfes die Verteidigung von Awdijiwka aufgeben. 
      Die ukrainische Armee musste nach vier Monaten verlustreichen Kampfes die Verteidigung von Awdijiwka aufgeben.
      IMAGO/ITAR-TASS

      Die Umrüstung der uralten Bomben ist zwar "keine schnelle oder billige, aber es kostet immer noch weniger als die Millionen für eine Rakete. Im Vergleich dazu sind es nur Cents", so Ihnat weiter. Die FAB-1500 liefert Putins Schergen damit viel Tod und Zerstörung zu kleinem Preis. Der einzige limitierende Faktor ist die Herstellungsgeschwindigkeit der Gleit-Aufsätze.

      15 Meter breite Krater

      Die russische Luftwaffe, die in diesem Krieg bisher eher ineffektiv gewesen war, kann damit starke Feuerkraft auf feste Verteidigungsanlagen anwenden und so die Offensive unterstützen. Denn selbst befestigte Stellungen können diesen Bunkerbrechern kaum standhalten, sagt Justin Bronk vom Royal United Services Institute für Sicherheits- und Verteidigungsstudien in London. Eine solche Bombe hinterlasse einen Krater mit 15 Metern Durchmesser. Videos auf X zeigen die Explosionen und ihre Folgen:

      "Die FAB-1500 ist die Hölle"

      Unter den Ukrainern verbreiten sie Angst und Schrecken, wie ein Soldat aus der Frontstadt Krasnogorowka, 20 Kilometer südwestlich von Awdijiwka, CNN schildert: "Früher wurden wir nur mit Artillerie beschossen. Jetzt haben die Orks [Russen, Anm.] die Stadt aggressiver angegriffen. Sie haben begonnen, Fliegerbomben einzusetzen, insbesondere die FAB-1500."

      Wer überlebe, trage garantiert Verletzungen davon, so der Verteidiger. "Das setzt die Moral der Soldaten stark unter Druck. Nicht alle unsere Leute können das aushalten. An die [kleinere] FAB-500 haben sie sich zwar inzwischen mehr oder weniger gewöhnt, aber die FAB-1500 ist die Hölle."

      Dennoch, nach Bronks Einschätzung reicht diese alleine aber nicht aus, um die Frontlinie zu verschieben. Für die Ukrainer ist es dennoch ein enormes Problem, denn die Bomben segeln auch über ihre Köpfe hinweg und nehmen Kommandoposten und Nachschublager im Hinterland ins Visier. Der einzige Ausweg: deutlich mehr Luftabwehrsysteme mit höherer Reichweite, wie eben Patriot, und eigene Kampfjets, um selbst die russischen Flieger hinter der Front angreifen zu können.

      rcp
      Akt.