Nach schwerem Unfall
F1-Star wird deutlich: "Warten, bis Desaster passiert"
Der schwere Unfall von Mercedes-Star George Russell sorgte auch nach dem Grand Prix von Australien für heftige Diskussionen. Nun sprach er Klartext.
Russell fuhr in der vorletzten Rennrunde auf Platz sieben liegend hinter Aston-Martin-Routinier Fernando Alonso her. Der Spanier verzögerte auf der Geraden kurz, stieg dann wieder aufs Gaspedal. Und irritierte den hinterherfahrenden Russell so sehr, dass der Brite spektakulär abflog. Der Mercedes-Mann erzählte nun, dass er gerade an seinem Lenkrad etwas umstellte.
Der 26-Jährige flog spektakulär ab und überschlug sich beinahe gänzlich, blieb kopfüber auf der Strecke liegen. Eine brenzlige Situation, vor allem, weil die Rennleitung nicht sofort die rote Flagge zeigte, sondern lediglich das Virtual Safety Car ausrief, so das Rennen zu Ende gehen ließ.
"Man wartet, dass ein Desaster passiert"
"Es war eine sehr unkomfortable Situation, in einer blinden Kurve bei 250 km/h auf der Rennlinie zu stehen, in einem Auto, das fast auf dem Kopf liegt", meinte Russell nun im Vorfeld des Großen Preises von Japan in Suzuka. "Man wartet darauf, dass ein Desaster passiert", schilderte der 26-Jährige eindringlich seine Gedanken. "Es dauerte elf Sekunden, bis das Virtual Safety Car ausgerufen wurde. Ich hatte eine Lücke von zehn Sekunden zum nächsten Fahrer. Aber innerhalb von zehn bis zwölf Sekunden können fünf, sechs oder sieben Autos vorbeifahren. Wenn so etwas auf der ersten Runde passiert, dann wäre ich wahrscheinlich schon mehrfach getroffen worden – auch mit den gelben Flaggen", meinte Russell.
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Eine Erklärung, warum bloß das Virtual Safety Car ausgerufen und nicht die rote Flagge gezeigt wurde, ist wohl der Umstand, dass der Führende Carlos Sainz bereits auf seiner letzten Rennrunde war, ein Abbruch also unbedeutend gewesen wäre. Egal ob bei dem virtuellen Safety Car oder der roten Flagge: Alle Piloten müssen dasselbe Runden-Delta einhalten, ihr Tempo deutlich reduzieren.
Besprechung in Fahrer-Meeting
Unterstützung bekam Russell von kanadischen Aston-Martin-Piloten Lance Stroll, der 2021 in Baku mit einem Reifenschaden liegen geblieben war – eine ähnliche Situation. "Es war ziemlich fragwürdig. In diesen Momenten, wenn jemand in der Mitte der Strecke steht, wäre es wahrscheinlich einfacher, die rote Flagge zu zeigen und das Rennen zu beenden", so Stroll. Die Szene werde jedenfalls in der Sitzung der Fahrer vor dem Rennen in Suzuka noch einmal andiskutiert. "Wir haben noch keine Erklärung des Renndirektors erhalten, warum nicht abgebrochen wurde", stellte der Kanadier klar.
"Wir müssen einen Weg finden, dass, falls ein Auto in einer gefährlichen Zone steht, sofort ein VSC ausgerufen wird. Innerhalb von einer halben Sekunde oder so. In diesen Fällen zählt jede Sekunden. Das Leben ist in Gefahr", forderte Russell eine automatische Lösung.
Treffen in Kaffeehaus
Alonso wurde für den Unfall nachträglich mit einer 20-Sekunden-Strafe bedacht, verlor deshalb Rang sechs und wurde auf Platz acht durchgereicht. "Ich nehme das, was passiert ist, nicht persönlich. Wenn wir den Helm auf haben, sind wir alle Kämpfer. Wenn wir den Helm abnehmen, haben wir den Respekt voreinander", versuchte Russell trotzdem den Ball flach zu halten. Eine echte Aussprache gab es aber nicht, obwohl sich die beiden Piloten zufällig in einem Kaffeehaus getroffen hatten. "Hat er dich gebremstestet?", fragte Dreifach-Weltmeister Max Verstappen, der daneben saß, schmunzelnd. "Den Kaffee hat er mir nicht gezahlt. Das wäre schon das Mindeste gewesen", schob Russell dann lachend hinterher.
Auf den Punkt gebracht
- Der Mercedes-Fahrer George Russell schildert den schweren Unfall, den er während des Grand Prix von Australien hatte, und kritisiert die zeitliche Verzögerung, bevor das Virtual Safety Car (VSC) ausgerufen wurde
- Russell fordert eine automatische Lösung, um gefährliche Situationen unverzüglich zu entschärfen, während sein Kontrahent Fernando Alonso nachträglich bestraft wurde