Nahost-Konflikt
Experte sieht weiter "viel zu wenig Hilfe" für Gaza
Nach Druck durch die USA lässt Israel mehr Hilfen für den Gazastreifen zu. Doch die Kritik bleibt weiter laut. Ein Nahost-Experte analysiert die Lage.
Eine künftige US-Unterstützung für Israels Militäreinsatz gegen die Hamas hängt nach den Worten von US-Präsident Joe Biden von neuen israelischen Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten und Helfern ab. Eine sofortige Waffenruhe sei essenziell, sagte Biden dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu in einem Telefonat. Danach ging es Schlag auf Schlag. Israel will "sofortige Schritte" zur Erhöhung humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ergreifen, beschloss wenig später das israelische Kabinett.
Demnach würden vorübergehend der Hafen von Aschdod sowie der Grenzübergang Erez geöffnet, wodurch leichter Hilfe in den besonders von Lebensmittelmangel betroffenen Norden des Gazastreifens kommen kann. Auch die über den Grenzübergang Kerem Schalom aus Jordanien kommenden Hilfsgüter würden aufgestockt. Nach der Ankündigung Israels, Hilfslieferungen in den Gazastreifen zuzulassen, haben wiederum die USA eine rasche Öffnung der Routen gefordert, die Pläne müssten "schnell und vollständig umgesetzt werden".
Erste Hilfslieferung erreicht Gaza auf dem Seeweg
"Es reicht nicht aus"
Noch bevor die Schritte allerdings umgesetzt worden, hagelte es bereits Kritik. Die UNO und die EU haben die von Israel angekündigten zusätzlichen Hilfslieferungen für den Gazastreifen als unzureichend bezeichnet. "Es reicht nicht aus, vereinzelte Maßnahmen zu haben – wir brauchen einen Paradigmenwechsel", sagte UN-Generalsekretär António Guterres am Freitag in New York. Auch EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb auf X, die von Israel angekündigte vorübergehende Öffnung weiterer Zugänge zu dem Küstengebiet "reicht nicht aus".
Verliert Israel nun die Unterstützung im Kampf gegen die Hamas? Das analysierte am späten Freitagabend der Nahost-Experte Bauke Baumann von der Heinrich-Böll-Stiftung in der "ZIB2" bei ORF-Moderatorin Margit Laufer. Er begrüße die Öffnung eines neuen Grenzübergangs für Hilfslieferungen, es käme aber nach wie vor "viel zu wenig Hilfe im Gazastreifen an", so Baumann. "Der Druck auf die israelische Regierung ist massiv, das kann man ohne Zweifel sagen", so Baumann, die USA hätten bereits unverhohlen in Sachen Waffenlieferungen gedroht.
Aber: Auch wenn vielleicht die israelische Regierung aufgrund des Drucks und Protesten abtreten müsse, werde eine neue Regierung nicht vollkommen andere Ziele verfolgen, warnte der Nahost-Experte. Er bezeichnete die israelischen Bemühungen, die Hamas zu vernichten, als zu unkonkret formuliertes Ziel, denn die Hamas sei auch eine terroristische Idee, wobei fraglich sei, ob diese vollkommen bekämpft werden könne. Es brauche kurzfristig "Waffenstillstand und Freilassung der Geiseln", langfristig eine "politische Perspektive", so Baumann.