Ukraine
Experte sicher: Russische Armee zu allen Mitteln bereit
Russland will entweder die politische oder eine militärische Kapitulation der Ukraine erzwingen. Dafür sei jedes Mittel recht, glaubt Gerhard Mangott.
Auch am 19. Tag nach dem Angriff auf die Ukraine ist es der russischen Armee nicht gelungen nennenswerte Erfolge zu erzielen. Offenbar setzen die russischen Strategen auf eine kriegerische Zermürbungstaktik. So werden mehrere Städte belagert und bombardiert. Auch auf Fluchtkorridoren sind Zivilsten nicht mehr sicher, wie Ereignisse aus den vergangenen Tagen gezeigt haben.
Gleichzeitig fanden auch am Montag wieder Verhandlungen zwischen der ukrainischen und der russischen Seite statt. Diese sollen auch am Dienstag wieder fortgesetzt werden. Doch wie sinnvoll sind diese Verhandlungen und gibt es eine realistische Chance, dass sie auf diplomatischem Wege ein Ende des Krieges herbeiführen können? Zu diesem Themenkomplex stellte sich der Russland-Experte Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck den Fragen von "ZIB2"-Moderator Armin Wolf.
Putin hat "Informationslücke"
Die Chance, durch Verhandlungen den Krieg zu beenden, hält Mangott für begrenzt. Selbst wenn der ukrainische Präsident zu Verhandlungen über die Demilitarisierung der Ukraine bereit sei, sei nicht klar, ob er eine solche "politische Kapitulation" nach innen durchsetzen könne. Das Problem: Um eine militärische Kapitulation der Ukraine zu erzwingen sei die russische Armee "zu allen Mitteln bereit", befürchtet der Experte.
Ein Problem ist dabei auch, dass der russische Präsident wohl nur sehr ausgesuchte Informationen erhält. Mangott spricht von einer "Informationslücke" Wladimir Putins. Dieser habe, nicht zuletzt wegen der Coronavirus-Pandemie, den Kreis jener Menschen, die zu ihm Kontakt aufnehmen können, noch einmal verkleinert. Niemand traue sich wohl, Putin zu widersprechen, außerdem erhalte er wohl nur Informationen, die "zweckdienlich" erscheinen. Ein Phänomen, dass man aus autokratischen Staaten kenne.
Und wie schätzt der Experte die Aussicht für die Ukraine ein? Russland will die Demilitarisierung der Ukraine – was man auch immer darunter verstünde – und die Absetzung der Regierung Selenski. Vor dem Krieg sei die Ukraine bündnisfrei gewesen, auch die Perspektive NATO-Mitglied zu werden sei eine geringe gewesen. Sollte sich Russland aber mit dem Ziel der Entmilitarisierung durchsetzen würde das einem kompletten Verlust der ukrainischen Neutralität gleichkommen, so Mangott zum Abschluss.