Kommt vermutlich davon

Ex-Freund schlägt Sabine, verwüstet dann ihre Wohnung

Die 38-Jährige wurde von ihrem Ex attackiert, dann zerlegte er ihre Wohnung. Trotzdem hob die Polizei das Betretungsverbot kurz danach wieder auf.

Christine Ziechert
Ex-Freund schlägt Sabine, verwüstet dann ihre Wohnung
Die Wohnung von Sabine Ö. (r.) wurde vollkommen auseinander genommen.
zVg

Jede dritte Frau zwischen 18 und 74 Jahren in Österreich hat ab dem Alter von 15 Jahren körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt (34,51 %) – das zeigte eine Erhebung zu Gewalt gegen Frauen, die Statistik Austria zwischen 2020 und 2021 durchgeführt hatte. Laut dem Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) gab es heuer bereits 16 Femizide und 26 Mordversuche.

Vor allem in intimen Beziehungen kommt es zu Übergriffen: Über 53 % der Frauen erleben körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt – Sabine Ö. (38) aus Innsbruck ist eine davon. Auf Instagram veröffentlichte die Pädagogin vor kurzem ein Video, in dem sie offen und mutig von einer Attacke ihres Ex-Freundes erzählt. Der 42-Jährige griff sie nicht nur körperlich an, sondern verwüstete auch ihre Wohnung.

Er hat immer wieder versucht, mich kleinzureden oder einzulullen
Sabine Ö.
Gewalt-Betroffene

"Ich habe offen gesagt die Schnauze voll davon, dass Männer damit durchkommen und wir Frauen schauen müssen, wie wir damit klarkommen. Ich will, dass wir Frauen mehr gehört werden. Wenn ich nur eine Frau mit meiner Message erreicht habe, dann ist es mir das wert", erzählt Sabine Ö. im Gespräch mit "Heute" über die Beweggründe des Videos.

Die 38-Jährige lernte ihren Ex-Freund, einen gebürtigen Deutschen, über Tinder kennen: "Wir waren etwa acht Monate zusammen. Es gab dann mehrere Vorfälle mit Alkohol – das war ein schleichender Prozess, aber dann wurde es häufiger. Er hat immer wieder versucht, mich kleinzureden oder einzulullen."

Streit um Geldschulden eskalierte

Ende Juli 2023 kam es dann zum ersten Gewalt-Vorfall: "Er hat in einer Streitsituation ein Regal umgeschmissen und einen Pflanzentopf geworfen. Gewalt hat in meinem Leben keinen Platz und ich habe mit ihm einige Tage später Schluss gemacht", berichtet die Tirolerin.

Das Liebes-Aus nahm der 42-Jährige aber alles andere als gefasst auf: "Er war sehr wütend. Ich habe ihm gesagt, er soll seine Sachen packen, und ich gehe in der Zwischenzeit zu meiner Mama. Er hat mir aber noch 160 Euro geschuldet, die wollte ich haben. Er meinte nur, dass ich mir die vom Rechtsanwalt holen soll", erinnert sich Sabine Ö.

Er hat mich in die Mangel genommen und mir den Brustkorb zusammengequetscht
Sabine Ö.
über die Attacke

Als die 38-Jährige nach der  Geldbörse ihres Ex-Freundes griff, eskalierte die Situation: "Er hat mich in die Mangel genommen und mir den Brustkorb zusammengequetscht – er ist ja wahnsinnig stark. Dann hat er mich gegen die Wand gestoßen. Mein einziger Gedanke war: Ich muss hier raus."

Sabine Ö. flüchtete zu ihrer Mutter, die in der Nähe wohnt: "Ich hatte aber ein schlechtes Gefühl wegen der Wohnung. In einem Anruf habe ich ihm dann noch einmal gesagt, dass es mein Ernst ist, dass die Beziehung beendet ist. Daraufhin meinte er nur: 'Dann wünsche ich dir jetzt viel Spaß mit deiner Wohnung!'"

Gesamte Wohnung verwüstet

Die Tirolerin war besorgt und kehrte – trotz Angst vor ihrem Ex – zu ihrem Zuhause zurück: "Die Wohnung war komplett verwüstet. Er hat alles zerstört – Kosmetika, Pflanzen, Geschirr, Möbel – und persönliche Dinge wie den Schmuck meines Großvaters weggeworfen. Ich wollte, dass er die Wohnung sofort verlässt. Es kam wieder zu einem Handgemenge", so Sabine Ö.

Die verwüstete Wohnung von Sabine Ö.

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    Nach einer körperlichen Attacke zerstörte der Ex-Freund von Sabine Ö. ihre Wohnung.
    Nach einer körperlichen Attacke zerstörte der Ex-Freund von Sabine Ö. ihre Wohnung.
    zVg

    Während Nachbarn den 42-Jährigen auf Abstand hielten, kümmerte sich eine Freundin ihrer Mutter um die junge Frau – die Polizei wurde gerufen: "Wir wurden getrennt voneinander befragt. Ich war total unter Schock und hab' immer wieder gesagt: 'Mir ist nix passiert'. Die Beamten sprachen dann aber ein Betretungs- und Annäherungsverbot für meinen Ex-Freund aus."

    Polizei hob Betretungsverbot wieder auf

    Dieses hielt allerdings nicht lange: "Wenig später hat mich ein Polizist angerufen und gemeint, dass das Betretungsverbot wieder aufgehoben ist. Er meinte, es sei zu wenig rechtliche Grundlage dafür vorhanden, weil er ja freiwillig mit den Beamten mitgegangen ist", ist Sabine Ö. fassungslos.

    Am übernächsten Tag zeigten sich die körperlichen und psychischen Folgen des Übergriffs: "Es hat 48 Stunden gedauert, bis ich realisiert habe, was da eigentlich passiert ist. Ich hatte Schmerzen in der Brust, im Spital wurde eine Brustkorbprellung diagnostiziert. Dann ist noch eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) dazu gekommen, ich musste drei Monate in den Krankenstand gehen. Geholfen haben mir meine Therapeutin und die langen Telefonate mit dem Gewaltschutzzentrum."

    Hilfe für Gewalt-Betroffene

    Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555
    Männernotruf (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 246 247
    Rat auf Draht: 147
    Autonome Frauenhäuser: 01/ 544 08 20
    Gewaltschutzzentren: +43 1 585 32 88
    Weisser Ring: 0800 112 112

    Es ist so frustrierend. Aber ich habe damit abgeschlossen, dass noch etwas passieren wird
    Sabine Ö.
    über die rechtlichen Folgen der Attacke

    Mit der Verwüstung der Wohnung hat der 42-Jährige laut Sabine Ö. einen Schaden in Höhe von rund 6.000 Euro verursacht: "Ich musste die Kaution dafür verwenden", meint sie. Im heurigen Mai fand zudem eine Gerichtsverhandlung statt – sowohl die 38-Jährige als auch ihr Ex waren Angeklagte und Zeugen: "Er hat mich wegen Diebstahls angezeigt, ich ihn wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung."

    Doch der Deutsche – er ist inzwischen wieder in seine Heimat zurückgekehrt – erschien einfach nicht. Die Anklage gegen Sabine Ö. wurde fallen gelassen: "Sie meinten, sie versuchen, ihn für einen neuen Prozess ausfindig zu machen." Die 38-Jährige glaubt aber nicht, dass es dazu noch kommen wird: "Es ist so frustrierend. Aber ich habe damit abgeschlossen, dass noch etwas passieren wird."

    Auf den Punkt gebracht

    • Eine 38-jährige Frau aus Innsbruck wurde von ihrem Ex-Freund angegriffen und ihre Wohnung verwüstet
    • Trotz eines Betretungsverbots wurde dieses kurz darauf von der Polizei wieder aufgehoben
    • Die Frau erlitt körperliche und psychische Folgen des Übergriffs und musste in den Krankenstand gehen
    cz
    Akt.