Biodiversität & Klimaschutz

EU-Renaturierungsgesetz – worum es eigentlich geht

Die EU-Staaten haben das umstrittene Naturschutzgesetz zur Wiederherstellung von Naturflächen beschlossen. Darum geht's.

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EU-Renaturierungsgesetz – worum es eigentlich geht
Das Gesetz sieht vor, dass künftig mehr Wälder aufgeforstet, Moore wieder vernässt und Flüsse in ihren natürlichen Zustand versetzt werden.
Getty Images/iStockphoto

Das EU-Renaturierungsgesetz (Nature Restoration Law) ist ein zentraler Teil des umfassenden Klimaschutzpakets "Green Deal", mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden soll. Das übergeordnete Ziel ist die langfristige und nachhaltige Wiederherstellung biologisch vielfältiger und widerstandsfähiger Ökosysteme. Das bedeutet unter anderem aufgeforstete Wälder, wiedervernässte Moore sowie natürlichere Flussläufe und infolge den Erhalt der Artenvielfalt.

Die Mitgliedstaaten müssen dazu Pläne vorlegen, wie im ersten Schritt bis 2030 mindestens 30 Prozent der definierten Lebensräume von einem "schlechten" in einen "guten" Zustand kommen sollen. Bis 2040 soll die Quote dann auf 60 und 2050 auf 90 Prozent anwachsen, im ersten Schritt wären die sogenannten Natura-2000-Gebiete priorisiert, das sind durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und die ergänzende Vogelschutzrichtlinie definierte Lebensräume. Zudem ist die Wiederherstellung von 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU bis 2030 vorgesehen, berichtete die APA.

Naturschutz jetzt rechtlich bindend

Neben Renaturierungsmaßnahmen ist auch ein reduzierter Verbrauch von Pestiziden bis 2030 vorgesehen. Die Wiederherstellung von Feuchtgebieten, Flüssen, Wäldern, Ökosystemen in Meeren, aber auch von Natur in städtischen Umgebungen sei eine entscheidende Investition in Ernährungssicherheit, Gesundheit und Wohlbefinden, erklärte die Brüsseler Behörde gegenüber der APA. Rund 80 Prozent der europäischen Lebensräume befänden sich in einem schlechten Zustand.

Zwar einigte sich auch die Staatengemeinschaft im Jahr 2022 bei der UNO-Weltnaturkonferenz (COP15) in Montreal darauf, bis 2030 mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen, jedoch wäre ein EU-Renaturierungsgesetz im Gegensatz zu diesem Abkommen - ähnlich wie die EU-Treibhausgasreduktionsziele - für alle Staaten rechtlich verpflichtend. Zudem geht es hier nicht nur um den Schutz bestehender, sondern um die aktive Wiederherstellung bereits geschädigter Ökosysteme.

Rücksicht auf Landwirtschaft

Unter anderem müssen die EU-Staaten bei zwei der folgenden drei Indikatoren Fortschritte erzielen, um für mehr Artenvielfalt in landwirtschaftlichen Ökosystemen zu sorgen: beim Index der Wiesenschmetterlinge, beim Anteil der landwirtschaftlichen Flächen mit Landschaftselementen mit großer biologischer Vielfalt und beim Bestand an organischem Kohlenstoff in mineralischen Ackerböden. Außerdem müsse auf einen höheren Feldvogelindex abgezielt werden, da sich am Vogelbestand gut ablesen ließe, wie es insgesamt um die Artenvielfalt bestellt sei.

Bei der heute zur Abstimmung gebrachten Version wurde auf einige Kritikpunkte der Landwirtschaft Rücksicht genommen, nachdem das Gesetz im Mai 2023 im Agrarausschuss des EU-Parlaments abgelehnt worden war.

So gilt bei der Wiedervernässung von entwässerten Torfgebieten für Landwirte und private Grundbesitzer die Freiwilligkeit. Ebenso können die Zielvorgaben für landwirtschaftliche Ökosysteme unter außergewöhnlichen Umständen ausgesetzt werden, wenn dadurch die Fläche stark verringert würde, die nötig ist, um genug Lebensmittel für die Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU zu erzeugen.

Umweltschützer sehen "Meilenstein"

Sehr erfreut auf die Einigung reagierten erwartungsgemäß die großen Umwelt-NGOs. Greenpeace sah in einer Aussendung einen "Meilenstein", der WWF einen "historischen Fortschritt" und Global 2000 ein "wichtiges Werkzeug im Kampf gegen die Biodiversitätskrise und die Klimakrise". Alle zollten Ministerin Gewessler Anerkennung. Der Umweltdachverband sprach von einer "richtigen und wichtigen Entscheidung", die einen Wendepunkt für die "ökologische Abwärtsspirale in Europa" bedeuten könne.

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    privat, iStock

    Auf den Punkt gebracht

    • Die EU-Staaten haben das umstrittene Naturschutzgesetz zur Wiederherstellung von Naturflächen beschlossen, das Teil des Klimaschutzpakets "Green Deal" ist
    • Das Ziel ist die langfristige Wiederherstellung biologisch vielfältiger Ökosysteme, wobei die Mitgliedstaaten bis 2030 Pläne vorlegen müssen, um Lebensräume zu verbessern
    • Das Gesetz sieht auch die Reduzierung des Pestizidverbrauchs und die Wiederherstellung von 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU bis 2030 vor
    • Landwirte und private Grundbesitzer haben jedoch einige Freiheiten, wie die Freiwilligkeit bei der Wiedervernässung von Torfgebieten
    • Umwelt-NGOs begrüßen die Einigung als "Meilenstein" und "historischen Fortschritt" im Kampf gegen die Biodiversitäts- und Klimakrise
    red
    Akt.