Wirtschaft
EU macht Rückzieher bei Saatgut-Verordnung
Die EU-Kommission hat am Montag ihren umstrittenen Vorschlag für eine Saatgutverordnung vorgelegt. Vonseiten von Kleinzüchtern hat es im Vorfeld Bedenken gegeben, dass die Brüsseler EU-Behörde damit alte und seltene Sorten in die Illegalität treibe. Der zuständige Verbraucherschutzkommissar Antonio Borg verteidigte am Montag den Vorstoß und sprach von "Missverständnissen".
Die EU-Kommission hat am Montag ihren umstrittenen Vorschlag für eine Saatgutverordnung vorgelegt. Vonseiten von Kleinzüchtern hat es im Vorfeld Bedenken gegeben, dass die Brüsseler EU-Behörde damit alte und seltene Sorten in die Illegalität treibe. Der zuständige Verbraucherschutzkommissar Antonio Borg verteidigte am Montag den Vorstoß und sprach von "Missverständnissen".
Bereits jetzt gebe es eine Registrierungspflicht für alle Sorten, auch traditionelle und Nischenprodukte. "Was wir vorschlagen, ist nicht ein Mehr an bürokratischen Hürden, sondern eine Vereinfachung", sagte er.
Ausgenommen von den EU-Vorschriften ist nach Angaben der Kommission der Einsatz von Saatgut für private Zwecke. "So können Hobbygärtner weiterhin jede Art von Pflanzenvermehrungsmaterial erwerben und ihr Saatgut in kleinen Mengen auf dem Markt bereitstellen. Ebenfalls keine Anwendung finden die vorgeschlagenen Vorschriften auf Saatgut, das zwischen Personen ausgetauscht wird, die keine Unternehmer sind (z. B. Hobbygärtner)", schreibt die Kommission.
Auch Kleinunternehmer sind ausgenommen
Aber auch für Kleinunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von maximal zwei Millionen Euro sollen nach dem Willen der EU-Kommission die Registrierungsvorschriften entfallen, wenn sie "Pflanzenvermehrungsmaterial jedes Typs" als "für Nischenmärkte bestimmtes Material" auf den Markt bringen. Laut einem früheren Entwurf wäre die Schwelle weit niedriger angesetzt gewesen, nämlich bei vier Vollzeitbeschäftigten und einem Umsatz in Höhe von 75.000 Euro. Die Mikrounternehmen sollen auch keine Registrierungsgebühren bezahlen.
Die EU-Kommission ließ am Montag erkennen, dass sie auf öffentlichen Druck und Kritik von Organisationen reagierte, die ihr einen zu industrie-freundlichen Ansatz vorwarfen. So erklärte ein Beamter der EU-Behörde, die bisherige Kritik von NGOs wie etwa im Zusammenhang mit der von Global 2000 und Arche Noah initiierte Online-Petition "Freiheit für die Vielfalt" beziehe sich auf Entwürfe vom Herbst. Seither habe sich der Vorschlag der Kommission "dramatisch verändert".
Erster Vorschlag war auf heftigen Widerstand gestoßen
Grundsätzlich werden vier statt bisher zwei Registrierungskategorien geschaffen: Konventionelle Sortenregistrierung, Sorten mit offiziell anerkannter Beschreibung, heterogenes Material, das nicht der Definition einer Sorte entspricht, sowie für Nischenmärkte bestimmtes Material.
Man habe "Verbesserungen im Sinne Österreichs durchgesetzt", so Umweltminister Nikolaus Berlakovich (V). Nicht alle Kritiker stellt dies zufrieden. "Verprellt werden jene, denen es um die Erzeugung regionaler Sorten und von Saatgut für den ökologischen Markt geht. Ihnen werden zwar Sonderrechte zugestanden, womit sie jedoch in eine Nische abgedrängt werden", sagte die Vizepräsidentin der Grünen-Fraktion im EU-Parlament, Ulrike Lunacek. Ähnlich auch die Geschäftsführerin der Arche Noah, Beate Koller: "Nicht-kommerzielle Aktivitäten und nicht-industrielle Sorten werden in winzige Nischen verdrängt. Die vorgesehenen Ausnahmen für Nischenmärkte, seltene Sorten und Privataktivitäten sind nur ein Tropfen aus dem heißen Stein."
Mit dem EU-Kommissionsentwurf ist aber nicht das letzte Wort gesprochen. Die Verordnung wird von den EU-Staaten gemeinsam mit dem Europaparlament beschlossen. Selbst die Kommission erwartet ein Inkrafttreten der neuen Regeln frühestens in drei Jahren.