Sorge um den Grauammer

EU-Fail! Vogel des Jahres fast schon ausgerottet

Der Grauammer ist Vogel des Jahres 2024. Vielleicht aber zum letzten Mal, denn in den vergangenen 25 Jahren verschwanden 95 Prozent in der EU.

EU-Fail! Vogel des Jahres fast schon ausgerottet
Neun von zehn Grauammern sind in den letzten 25 Jahren verschwunden.
©Anita Hombauer

Da kann man die Entscheidungen des EU-Parlaments bezüglich Umwelt- und Tierschutz wieder einmal nur kopfschüttelnd beobachten, denn unter dem "Vorwand" der Nahrungsknappheit aufgrund des Ukraine-Krieges wurden wichtige Konditionalitäten der "Green-Deal" Umweltstandards einfach ausgesetzt. Und wer büßt solche Entscheidung? Die Kleinsten natürlich! Vor allem der Vogel des Jahres 2024 der kurz vor der Ausrottung steht.

Brachflächen weg? Jahresvogel weg!

Neun von zehn Grauammern (Emberiza calandra) sind in den letzten 25 Jahren verschwunden. Keine andere überwachte Vogelart in Österreich ist derartig rückläufig, weshalb die Tierschützer von Birdlife Österreich mächtig mit den Zeigefingern in Richtung EU-Parlament wedeln. Der Grund für den überschaubaren Brutbestand von vielleicht 500 Paaren soll nämlich durch die intensive Landwirtschaft, fehlende Brachen und Feldraine und den massiven Einsatz von Pestiziden hervorgerufen worden sein.

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    Die Grauammer wird zwischen 16 und 19 Zentimeter groß und wiegt etwa 45 Gramm.
    Die Grauammer wird zwischen 16 und 19 Zentimeter groß und wiegt etwa 45 Gramm.
    Getty Images

    Zusätzlich verschärft wird die Biodiversitätskrise durch die Senkung der EU-Umweltstandards der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) unter dem Druck der Agrarlobbys und Bauernproteste. Arten wie die Grauammer benötigen ungenutzte Flächen („space for nature“) von mindestens zehn Prozent: Verschwinden die Brachen, verschwindet auch die Grauammer!

    Solche Brach- oder Ruderalflächen sollten zumindest zehn Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen ausmachen, damit sich eine lebensfähige Grauammer-Population in Österreich halten kann. Sind diese Brachen weg, ist auch die Grauammer weg!
    Michael Dvorak
    Birdlife Österreich

    Nur noch drei Regionen in Österreich

    Ehemals ein häufiger Vogel des Agrarlandes, ist die Grauammer heute nur mehr auf kleine Verbreitungsinseln im östlichen Weinviertel und im Marchfeld in Niederösterreich, sowie auf die Parndorfer Platte und die Region um den Neusiedler See im Burgenland beschränkt. Abseits dieser Gebiete ist die Grauammer im übrigen Österreich weitgehend verschwunden.

    Als in den späten 1990er Jahren bis zu zehn Prozent der Ackerflächen der EU stillgelegt werden mussten, erreichten die Grauammer und andere Vögel des Agrarlandes sehr viel höhere Populationsdichten als heutzutage.

    EU-FAIL

    "Es geht um das Überleben der Grauammer, die kurz vor dem Aussterben steht und um alle anderen Arten, die ebenso in Bedrängnis sind! Wirksame Maßnahmen zur Wiederherstellung artenreicher Naturräume sind unumgänglich", plädiert Michael Dvorak von Birdlife Österreich.

    Voraussetzung für die Auszahlung erheblicher Agrarförderungen ist die Einhaltung bestimmter Konditionalitäten, darunter die ökologisch wichtigen Brachen. Unter dem Vorwand einer Nahrungsverknappung aufgrund des Ukrainekriegs wurden Teile dieser Regelungen seit 2022 außer Kraft gesetzt. Die Agrarlobbys drängen jedoch auf deren dauerhafte Abschaffung. Unter dem Druck der Bauernproteste knickte die EU-Kommission ein – entgegen dem eigenen "Green Deal" und wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse – und schlug eine Deregulierung und Flexibilisierung vor.

    "Des Weiteren sollen Betriebe unter zehn Hektar Betriebsfläche nicht mehr kontrolliert und sanktioniert werden, das sind österreichweit 40 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe". Birdlife appelliert daher an das EU-Parlament, diesen Kahlschlag im Interesse unserer Umwelt entschieden abzulehnen.

    red, tine
    Akt.