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EU erwägt Auffanglager für Flüchtlinge in Afrika
Ende Juni findet der mit Spannung erwartete EU-Gipfel statt. Schon am Sonntag wollen sich einige Staatschefs vorab treffen. Ratspräsident Tusk bringt einen brisanten Vorschlag ins Spiel.
Die Staats- und Regierungschefs einiger EU-Staaten kommen am Sonntag in Brüssel zu einem Sondertreffen zum Thema Migration und Asyl zusammen. EU-Kommissionspräsident Juncker habe dieses Treffen einberufen, schreibt die EU-Kommission am Mittwoch in einer Mitteilung.
Bei diesem "informellen Arbeitstreffen" soll "eine Gruppe von Staats- und Regierungschefs interessierter Mitgliedstaaten im Vorfeld" des EU-Gipfels an einer europäischen Lösung arbeiten.
Tusk schlägt Auffangzentren vor
Am Dienstag schlug EU-Ratspräsident Donald Tusk vor, beim EU-Gipfel kommende Woche die Einrichtung von Auffangzentren außerhalb der EU zu beschließen.
"Der Europäische Rat unterstützt die Entwicklung des Konzepts von regionalen Ausschiffungsplattformen", heißt es im der AFP vorliegenden Erklärungsentwurf für den Gipfel am Donnerstag und Freitag kommender Woche. Die Zentren sollten dabei "eine rasche Bearbeitung ermöglichen, um zwischen Wirtschaftsmigranten und solchen, die internationalen Schutz benötigen, zu unterscheiden".
Neue Lösungen nach "Aquarius"
Durch den Schritt solle "der Anreiz, sich auf gefährliche Reisen zu begeben, reduziert werden", heißt es. Die Auffangzentren sollten "in enger Zusammenarbeit" mit dem UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) entwickelt werden.
Bisher wurden vor Libyen gerettete Flüchtlinge auf der zentralen Mittelmeerroute nach Italien gebracht. Die neue Regierung in Rom hatte aber vergangene Woche dem Schiff "Aquarius" mit über 600 Flüchtlingen an Bord die Einfahrt in italienische Häfen verweigert. Schließlich erklärte sich Spanien zur Aufnahme bereit. Jetzt sucht Europa nach Wegen, auf See gerettete Flüchtlinge nicht mehr in die EU zu bringen.
Wo sollen die Zentren stehen?
Offen blieb im Gipfeltext, in welchen Ländern die Zentren aufgebaut werden könnten. Pläne, dies in Libyen, Tunesien oder anderen nordafrikanischen Ländern zu machen, sind bisher immer gescheitert. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte jüngst auch "Schutzzentren" in Albanien auf dem Westbalkan nicht ausgeschlossen.
EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos sagte zur Möglichkeit solcher Zentren außerhalb der EU, aber innerhalb Europas, seine Behörde lehne dies nicht kategorisch ab. Er zweifelte aber, dass sich Staaten dafür finden ließen: "Kennen Sie ein Land (...), dass sehr bereit ist, solche Lager aufzunehmen?"
Ton verschärft sich
Eigentlich hatte die seit Jahren verschleppte Reform des EU-Asylsystems "Dublin" beim kommenden Gipfel unter Dach und Fach sein sollen. Doch die EU-Staaten sind tief zerstritten.
In den letzten Wochen ist der Ton beim Thema Migration und Asyl in der EU härter geworden und die Toleranz weiter gesunken – trotz sinkenden Flüchtlingszahlen in Europa.
So drohte etwa der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor kurzem mit Rückweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze. Dies wäre jedoch ein Verstoß gegen gültiges EU-Recht, was Merkel vermeiden will. Die Kanzlerin konnte sich nun Zeit bis zum EU-Gipfel ausbedingen, um eine Lösung auf EU-Ebene zu finden.
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(mlr/sda)