Obdachloser Familienvater

"Es war die Hölle": Von der Straße zum Gruft-Helfer

Selbstständigkeit, Familie, Verantwortung: Markus J. wurde alles zu viel. Er packte seine Tasche und musste sich auf der Straße durchkämpfen.

Yvonne Mresch
"Es war die Hölle": Von der Straße zum Gruft-Helfer
Markus J. hat es geschafft: Knapp zwei Jahre war er obdachlos, bevor er in seine eigene Wohnung ziehen konnte. Heute hilft er anderen. 
Sabine Hertel

"Ich war an einem Punkt, an dem ich nicht mehr konnte", erinnert sich Markus J. an den Schicksalstag vor 20 Jahren zurück. Der damals 35-jährige hatte ein scheinbar gutes Leben: Frau, zwei Kinder, eigener Betrieb. Doch der Schein trügte: "Es herrschte ein enormer Druck. Ich musste die Firma aufrechterhalten und habe schlussendlich alles an die Wand gefahren. Es ist nicht mehr gegangen, der Stress war zu viel. Es war wie ein Schneeball, der auf mich zurollte und ich hatte keine Kraft, ihn wegzuschieben." 

"Bei jedem Geräusch wurde ich munter"

Der Wiener entschied sich, auszusteigen: "Ich packte meine Sporttasche und bin einfach gegangen. Mir war egal, was mit der Firma passierte." Er ließ Familie und Job zurück und zog auf die Donauinsel, wo er vier Monate im bittersten Winter lebte. "Es war die Hölle", fasst er es heute zusammen. "Anfangs wurde ich bei jedem Geräusch munter und habe gedacht, dass jemand kommt. Aber mit der Zeit wird einem das völlig egal." Bei Schnee und Eiseskälte schlief er Nacht für Nacht im Schlafsack, wusch sich tagsüber in der kalten Donau und fuhr U-Bahn, um den niedrigen Temperaturen zu entkommen. 

"Ich war ein Teil von nichts"

Wo sich Markus J. befand, wusste niemand – weder Familie, noch Freunde. "Ich wollte niemanden zur Last fallen. Ich habe einfach gesagt, ich bin eine Zeit lang weg." Irgendwann wurde es ihm zu viel. Er suchte eine Telefonzelle und bat bei "Rat auf Draht" um Hilfe, wo man an die Gruft verwies. "Ich kannte die Einrichtung nicht. Als ich dort war, dachte ich nur 'nein' und bin wieder gegangen", erinnert sich Markus J. Es war kurz vor Weihnachten, als er durch die festlich geschmückte Stadt irrte. "Drei Tage lief ich nur herum. Ich dachte an glückliche Weihnachten mit der Familie, roch die Kekse und sah die Bäume. Aber ich gehörte nicht mehr dazu. Ich war ein Teil von nichts. Da wusste ich, es muss sich etwas ändern."

Vom Hilfsbedürftigen zum Helfer

Markus J. fand schließlich den Weg in die Gruft. Für ihn änderte sich damit das ganze Leben, auch wenn der Weg nicht leicht war: "Ich habe lange gebraucht um Hilfe anzunehmen. Denn vorher muss man sich eingestehen, komplett versagt zu haben. Obwohl alle nett und hilfsbereit waren, will man seine Geschichte nicht erzählen. Man schämt sich." Dennoch wagte er den Schritt, holte sich wieder Papiere, eine Versicherung, meldete sich beim AMS an. Eineinhalb Jahre lebte Markus J. in der Gruft, bis er eine Gemeindewohnung bekam. Dort ist er nun seit 18 Jahren zuhause.

Aus gesundheitlichen Gründen ist er in Frühpension, Arbeit gibt es dennoch genug: "Ich bin jeden Tag in der Gruft und helfe hier mit. Es hilft mir, eine Struktur zu haben und abends zu wissen, man hat etwas gemacht. So stellt man sich keine Fragen über die Vergangenheit, die man nicht mehr ändern kann." Wunsch bleibt Markus J. nur mehr einer: "Gesund bleiben!"

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