Negativmeldungen über berühmte Party-Destinationen häufen sich. Neben den monatelang anhaltenden Protesten gegen Massentourismus in Spanien, "Benimmregeln" für Touristen in italienischen Badeorten, sowie der "Stay Away"-Kampagne in Amsterdam, hat nun auch die tschechische Hauptstadt Prag die Nase gestrichen voll.
Ab Ende des Monats tritt in Prag eine aktualisierte Marktordnung in Kraft: Agenturen dürfen keine "Pub-Crawls" mehr anbieten. Damit sind nächtlich organisierte Sauftouren gemeint, bei denen Touristengruppen von Bar zu Bar geführt werden. Die Stadtverwaltung will die Anrainer vor "übermäßigen Lärm" und anderen "negativen Auswirkungen" bewahren.
"Pub-Crawls" sind vor allem bei britischen, amerikanischen und australischen Touristen beliebt, da in jenen Ländern die Pub-Kultur ein großer Bestandteil des Nachtlebens ist. Diese Art von Tourismus wird nun bei Anrainern immer unbeliebter, da die Urlauber sich im berauschten Zustand oft mehr als daneben benehmen – ununterbrochener nächtlicher Lärm, öffentliches Urinieren und Müll sind die häufigsten nervigen Auswirkungen.
So auch in der niederländischen Hauptstadt Amsterdam, in der internationale Touristen gerne Alkohol mit dem dort legal erhältlichen Cannabis kombinieren und die Kontrolle verlieren. Aus dem Grund startete dort 2023 die kontroverse "Stay-Away"-Kampagne, die sich vorwiegend an britische Männer zwischen 18 und 35 Jahren richtete. In den Online-Werbungen wurde vor den Folgen des Alkohol- und Drogenkonsums gewarnt. Rüpelhaftes betrunkenes Benehmen kostet dort mittlerweile 90 Euro, öffentliches Urinieren wird mit 140 Euro Strafe geahndet.
Nächtliche Aufräumarbeiten in der Innenstadt Amsterdams zu Silvester.
Ramon van Flymen / ANP / picturedesk.com
Teil des Problems
Nicht nur Briten, sondern auch Österreicher und Deutsche vergessen bei zunehmendem Alkoholkonsum jegliche Etikette. Zu Pfingsten reisen im italienischen Badeort Lignano bis zu 90.000 Partytiger zu "Tutto Gas" an, um – wie der Name schon verrät – Vollgas zu geben. Lokalen Medienberichten zufolge mussten Menschen wegen übermäßigen Alkoholkonsum ins Spital gebracht werden, zündeten Rauchbomben, zettelten Schlägereien an und hinterließen unvorstellbare Müllberge. Mittlerweile überlegt die Stadtverwaltung, die Veranstaltung aus dem Zentrum zu verlagern.
Die Verzweiflung der Anrainer erreichte diesen Sommer auch in ganz Spanien einen traurigen Höhepunkt. Tausende Menschen gingen in organisierten Demonstrationen auf die Straßen, um gegen den Massentourismus zu protestieren. Zwar ging es dabei verstärkt um die erhöhten Wohnkosten, allerdings war das respektlose Benehmen vieler Touristen ebenso Gegenstand der Proteste. Denn vor allem die Anrainer der ebenso für Partys beliebte Stadt Barcelona und der Ballermann-Insel Mallorca gingen unter anderem wegen Lärm und Schmutz auf die Barrikaden.
Bedeutet dies das Ende einer Ära? Die Kritik von Touristen in den sozialen Medien ist groß, ihr Argument lautet: Die leben doch vom Tourismus. Internationale Reisende zeigten sich online sichtlich gekränkt vor den teilweise radikalen Aktionen in diesem Sommer, wie das Anspritzen von Touristen mit Wasserspritzpistolen in Barcelona oder gefälschten "Strand gesperrt"-Warnungen in Mallorca. Trotz solcher Aktionen gibt es vielerorts gar keine Proteste, sondern vielmehr Appelle.
Die Anrainer Barcelonas drücken ihren Unmut durch Graffitis aus. Diese prägen mittlerweile das Stadtbild.
Eric Renom / LaPresse / picturedesk.com
Lignanos Bürgermeisterin Laura Giorgi hofft nach dem heurigen "Tutto Gas" auf "mehr Respekt für unsere Stadt." In Prag werben die Kommunalbehörden in der Innenstadt für einen "kultivierteren" Tourismus, denn die Stadt hätte mehr zu bieten als Alkoholkonsum. Amsterdam warb hoffnungsvoll mit Plakaten von Anrainern mit dem Slogan "Wir leben hier". Möglicherweise sind die Protest-Aktionen keine endgültige Absage, sondern ein dringender Aufruf für die Rückkehr zur Vernunft.
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