Baby mit Herzfehler

"Es ist klar, dass wir unsere Tochter überleben werden"

Für Jennifer S. begann mit der Geburt ihres Kindes ein langer, niederschmetternder Leidensweg. Beinahe hätte sie das Glück in ihrem Leben verloren.

Rhea Schlager
"Es ist klar, dass wir unsere Tochter überleben werden"
Rosi musste bei einem Herzstillstand "zurückgeholt" werden.
Getty Images/privat

Ein gesundes Kind auf die Welt zu bringen, ist keine Selbstverständlichkeit. Das musste die 36-jährige Niederösterreicherin Jennifer S. selbst schmerzlich miterleben, als sie das erste Mal schwanger war.

"In der 21. Schwangerschaftswoche sind mein Mann und ich zum Organscreening gegangen, um zu erfahren, ob wir einen Bub oder ein Mädchen bekommen", berichtet sie im "Heute"-Interview. Was die beiden jedoch dort herausgefunden haben, sollte ihre Welt komplett auf den Kopf stellen.

Herzhälfte fehlte fast komplett

"Die Gynäkologin ist beim Ultraschall plötzlich ganz ruhig geworden", erinnert sich die inzwischen 2-fach-Mama an die schrecklichen Minuten zurück. "Sie sagte, sie müsste erst einmal schauen, weil etwas nicht stimmt."

Es stellte sich heraus, dass die linke Herzhälfte des ungeborenen Babys kaum vorhanden war und nicht "arbeiten" würde. "Ein schwerer Herzfehler", wurde Jennifer S. damals erklärt, die Zuhause sofort ihre Taschen packen und ins Krankenhaus fahren sollte.

"Wir sind dann trotzdem erst am nächsten Tag in das Kinderherzzentrum in Linz gefahren", erzählt die 36-Jährige. Dort kümmerte sich der Chefarzt 15 lange Minuten um den Ultraschall. "Danach konnten wir ihn alles fragen."

Lebenserwartung nicht sehr hoch

Es stellte sich heraus, dass das Ungeborene gleich mehrere Herzfehler hat. Allerdings sollte es, nach drei nötigen Operationen am Herz, wie jedes andere Kind auch spielen und ein gutes Leben führen können. Zu einem Abbruch wollte der Arzt nicht raten: "Er meinte, er würde das Risiko eingehen."

Die Lebenserwartung sei dennoch ein Thema. "Es war damals schon klar, dass Rosi nicht so alt werden würde und wir sie wahrscheinlich überleben", meint Jennifer S. traurig. "Einige Menschen mit ähnlichen Herzproblemen werden inzwischen aber bis zu 25 Jahre alt und denen geht es gut."

Baby auf Intensivstation

Obwohl bei einem ungeborenen Kind mit dieser Diagnose ein geplanter Kaiserschnitt durchgeführt wird, kam Rosi am 14. Juni 2017 spontan per Kaiserschnitt auf die Welt. "Mein Mann durfte nicht im Kreißsaal sein, weil zu viele Ärzte im Raum waren", erzählt die Niederösterreicherin. "Ich hab Rosi dann auch nur ein paar Minuten sehen dürfen, bevor sie auf die Intensivstation gekommen ist."

Es ist schlimm, wenn du dein Kind nach der Geburt nicht mal bei dir hast.
Jennifer S.

Die Intensivstation, auf der Rosi völlig verkabelt lag, und auch die Tage nach dem einwöchigen Krankenhausaufenthalt waren der blanke Horror für die frisch gebackene Mutter. "Wir hatten keine Ahnung, worauf wir achten und was wir tun sollten", erinnert sich Jennifer S. zurück. "Aber Rosi hat brav getrunken und ist nie blau angelaufen. Sie hat nur nicht so gut zugenommen."

Baby fast gestorben

Nach drei Wochen lag das Baby allerdings erneut auf der Intensivstation. "Da haben wir gemerkt, dass etwas los ist und es Rosi wirklich dreckig geht." Denn das gesamte Team, inklusive Chirurgin, die meinte "Wir tun jetzt alles, um das Leben ihrer Tochter zu retten.", war vorhanden. "Der Satz hat mich von den Haxn' gerissen."

Die Operation verlief gut. Rosi musste daraufhin für zwei Monate im Krankenhaus bleiben. Dennoch mussten sie auch im Anschluss immer wieder ins Krankenhaus. "Rosi hat durch den Entzug der Medikamente viel geweint und wir wussten nicht, wie wir damit umgehen sollten", berichtet die 36-Jährige.

Herzstillstand

Mit sechs Monaten übergab sich das Baby plötzlich vermehrt, weil die Sauerstoffsättigung nicht mehr "passte". Eine weitere Herz-OP musste durchgeführt werden. "Die Operation ist gut verlaufen, aber Rosi lag auf der OP-Intensivstation", so Jennifer S. "Das ist kein schöner Ort und er hat uns sehr geprägt."

Dort erlitt Rosi nach der OP auch einen Herzstillstand. Da das kleine Mädchen zu dem Zeitpunkt noch schlief, konnten die Ärzte nicht sagen, was das zu bedeuten hatte. "Entweder Rosi ist komplett fit, oder sie ist geistig eingeschränkt."

OP verlief gut

Erst später konnte Jennifer S. einen Arzt erreichen, der Genaueres wusste. "Er sagte, dass sie Rosi schnell zurückholen konnten und anschließend alle neurologischen Untersuchungen durchgeführt haben, die nichts Auffälliges ergaben. Daran konnten wir festhalten."

Der positive Verdacht bestätigte sich, als das kleine Mädchen aufwachte. "Es war so eine extreme Erleichterung", so Jennifer S. den Tränen nahe.

Normales Leben "absurd"

Einige Monate später begann endlich das normale Leben für die Familie, wie es die Niederösterreicherin bezeichnet. "Rosi musste nur Medikamente nehmen." Um auch etwas für sich selbst zu tun, besuchte Jennifer S. mehrere Babygruppen, "aber die waren ganz schrecklich für mich".

Die 36-Jährige konnte nicht damit umgehen, dass andere Mütter unter den Umständen litten, dass ihre Babys nicht trinken oder schlafen, erzählt sie. "Es hörte sich so absurd an, denn ich hätte mein Kind fast verloren."

Die letzte Herz-OP kam dann, anders als gedacht, noch vor dem 3. Geburtstag. "Rosi hatte wieder Probleme mit der Sauerstoffsättigung, aber sie hat alles gut weggesteckt. Sie war immer eine Kämpferin."

Spenderherz für Rosi ein "Horror"

Rosi ist inzwischen sieben Jahre alt, allerdings wird sie nie ein gesundes Herz haben, bis zu dem Zeitpunkt einer Transplantation. "Das wäre aber mein persönlicher Horror", sagt Jennifer S., denn sie habe schon von vielen Kindern gehört, bei denen das nicht gut ausgegangen sei. "Wenn sie ein gesundes Herz bekommen, schafft das der Kreislauf der Kinder oft nicht und sie könnten dann hirntot sein."

Das, was Jennifer S. und ihrem Mann aber Kraft gibt, sei der Gedanke daran, dass sich die Medizin schnell weiterentwickelt und es in einigen Jahren eine andere Möglichkeit für Rosi gibt, ein längeres und gesundes Leben zu führen.

Der Verein Herzkinder, der auch Jennifer S. und ihrer Familie durch die schwierige Zeit begleitet hat, betreibt Anlauf- und Informationsstellen für alle nicht-medizinischen Anliegen und Belange für Herzkinder und -jugendliche, EMAH (Erwachsene mit angeborenem Herzfehler) und deren Familien in allen österreichischen Bundesländern.

Herzkinder Österreich bietet betroffenen Angehörigen auch ein vorübergehendes Zuhause auf Zeit in den Teddyhäusern Linz und Wien, nahe den jeweiligen Kinderherzzentren. Der Verein veranstaltet außerdem Laufveranstaltungen, Feriencamps und Reha-Sommerwochen und bietet Beratungen und unterstützt Forschungsprojekte.

Spendenkonto: Erste Bank, IBAN: AT13 2011 1890 8909 8000

Auf den Punkt gebracht

  • Jennifer S
  • erlebte eine emotionale Achterbahnfahrt, als bei ihrem ungeborenen Baby ein schwerer Herzfehler diagnostiziert wurde
  • Trotz mehrerer Operationen und intensiver medizinischer Betreuung hat ihre Tochter Rosi weiterhin gesundheitliche Herausforderungen zu bewältigen
  • Die Familie hofft auf Fortschritte in der Medizin, um Rosi in Zukunft ein längeres und gesünderes Leben zu ermöglichen
rhe
Akt.