Trotz hoher Inflation
Erstmals seit 2019: EZB senkt den Leitzins
Die EZB verringert den Leitzinssatz um einen Viertelprozentpunkt auf 4,25 Prozent. Kredite bleiben aber teuer, weitere Zinssenkungen sind ungewiss.
Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt die Zinsen im Euroraum. Der Einlagenzins für geparkte Gelder von Geschäftsbanken wird um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent verringert, wie die EZB am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Der Zins, zu dem sich Kreditinstitute frisches Geld bei der EZB besorgen können, sinkt von 4,5 Prozent auf 4,25 Prozent.
Überraschend kommt die Entscheidung nicht. Denn die Zinssenkung war von Fachleuten im Vorfeld erwartet worden. "Die Euro-Notenbank hat die Märkte seit Wochen darauf vorbereitet, jegliche Überraschung hier würde für unnötige Verunsicherung und Volatilität an den Finanzmärkten sorgen," sagte Ökonom Gunter Deuber dem "Standard". Für den Wirtschaftswissenschafter der Raiffeisen Bank International ist die Zinssenkung "den Beginn einer Normalisierung der Leitzinsen nach dem Inflationsschock der 2020er-Jahre" dar.
Zeichen für Kreditnehmer
Bei dem Schritt handelt es sich um die erste Leitzinssenkung der EZB seit fast fünf Jahren. Im Zuge der hohen Inflation hatte die EZB die Leitzinsen kontinuierlich erhöht. Den Höchststand hatte die Inflation im Euroraum im Oktober 2022 mit 10,7 Prozent.
Für Kreditnehmer sind sinkende Zinsen eine gute Nachricht, denn Kredite werden dadurch günstiger. Im "Standard" erteilt Finanzexperte Martin Spona günstigeren Krediten aber eine Absage: "Eine Erhöhung der Leistbarkeit sehen wir nicht", sagt er. Die EZB-Zinssenkung sei vorerst nur "ein Zeichen" sei und keine endgültige Zinswende darstelle. "Wir haben noch immer das Problem, dass die Inflation zu hoch ist".
Teuerung weiter hoch
Weil die Inflation nach wie vor hoch ist, gab es schon vor der Zinssenkung Kritik. Die Teuerungsrate in Österreich bleibt eine der höchsten in Europa. Aktuell liegt sie nur in Belgien und Kroatien über jenen 3,5 Prozent, welche die Schnellschätzung der Statistik Austria für den Monat April auswirft.
Der Zielwert der EZB für die Inflationsrate im Euroraum sind glatte zwei Prozent. Außerdem droht das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale. In den vergangenen Monaten sind die Löhne unter anderem auch die Tariflöhne stark gestiegen, bei der Lohn-Preis-Spirale führt das wiederum zu einer höheren Inflation. Was wieder Zinserhöhungen nach sich ziehen würde.