Von wegen Vier-Tage-Woche

Erstes EU-Land führt Sechs-Tage-Woche ein

Ab Juli ist in Griechenland die 48-Stunden-Woche möglich. Beschäftigte sollen dafür üppige Extrazahlungen bekommen, Kritik kommt von Gewerkschaften.

David Winter
Erstes EU-Land führt Sechs-Tage-Woche ein
Beschäftigte in Griechenland sollen künftig bis zu 48 Stunden pro Woche arbeiten. (Symbolfoto)
Getty Images/iStockphoto

In vielen europäischen Ländern wird derzeit über die Vier-Tage-Woche diskutiert. In Österreich hatte KTM diese 2022 testweise eingeführt, die Maßnahm kurze Zeit später aber wieder abgedreht. Auf politischer Ebene ist SPÖ-Chef Andreas Babler hierzulande der prominenteste Befürworter. Ein anderes EU-Land geht nun den umgekehrten Weg. In Griechenland gibt es mit Anfang Juli eine Sechs-Tage-Woche – und satte Lohnzuschläge für Wochenendarbeit.

Schon jetzt wird in keinem EU-Land so viel gearbeitet wie in Griechenland. Trotzdem könnten die Menschen dort bald noch mehr Zeit im Job verbringen. Möglich machen soll dies eine Reform des Arbeitsrechts, wie die Zeitung "FAZ" mit Verweis auf das griechische Arbeitsministerium berichtet. Bis 48 Arbeitsstunden pro Woche sollen dann möglich sein, mehr erlaubt das EU-Recht nicht.

Bis zu 115 Prozent mehr Gehalt

Grund für die Maßnahme ist der dramatische Fachkräftemangel in dem südeuropäischen Land. Mit ihren Plänen will die Regierung aber niemanden zur Wochenendschicht verpflichten, sondern vielmehr Anreize schaffen. Denn finanziell ist die Mehrarbeit durchaus reizvoll. Fällt der sechste Arbeitstag auf einen Samstag, soll es 40 Prozent mehr Lohn geben, an Sonn- und Feiertagen sogar 115 Prozent.

Die Hoffnung der Griechen: Die Sechs-Tage-Woche soll die Arbeitskräfteknappheit lindern und die wirtschaftliche Situation im Land verbessern. "Ziel ist es, dass vor allem Industrieunternehmen mit Schichtarbeit und hoch spezialisiertem Personal ihre Abläufe nicht unterbrechen müssen", zitiert die "FAZ" das griechische Arbeitsministerium. Außerdem soll längere Arbeit in Banken, Versorgungsunternehmen und der Landwirtschaft so attraktiver werden.

Die Sechs-Tage-Woche soll nicht für alle Branchen gelten. Zwar gilt die Arbeitsmarkreform gleichermaßen für private und öffentliche Stellen, Ausdrücklich augenommen sind hierbei aber Beamtinnen und Beamte.

Österreicher arbeiten am wenigsten

Kurz vor Inkraftreten gibt es Kritik gegen Sechs-Tage-Woche. Der Wirtschaftsexperte Jens Bastian bezweifelt, dass die Arbeitsrechtsreform die Probleme der griechischen Wirtschaft langfristig lösen wird. "Aufgrund der geringen Lohnentwicklungen und der hohen Inflation haben viele bereits gezwungenermaßen zwei Jobs", sagte Bastian dem Magazin, "Business Punk".

Auch Gewerkschaften lehnen die Reform ab. Wegen des Fachkräftemangels bestünden in Griechenland schon jetzt "ausbeuterische Zustände". Kritisiert wird auch, dass auch andere Bestimmungen des Arbeitsrechts flexibilisiert werden. So können Unternehmen ihre Beschäftigten erst 24 Stunden vor Arbeitsbeginn über deren Einsätze zu informieren. Auch die  Beschränkungen von Probezeiten werden gelockert.

Laut Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) hat Griechenland mit 1.886 Stunden pro Jahr schon jetzt eine der höchsten Arbeitszeiten weltweit. Dabei wird in den EU-Staaten weltweit im Schnitt am wenigsten gearbeitet. Die Österreicherinnen und Österreicher kommen auf 1.444 Stunden, dahinter liegen Schweden, Niederlande, Norwegen und Dänemark. Schlusslicht ist Deutschland mit 1.341 Stunden pro Arbeitsjahr.

Auf den Punkt gebracht

  • Griechenland führt als erstes EU-Land eine Sechs-Tage-Woche ein, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken
  • Die Reform des Arbeitsrechts ermöglicht bis zu 48 Arbeitsstunden pro Woche und bietet finanzielle Anreize für Wochenendarbeit, was jedoch auf Kritik von Experten und Gewerkschaften stößt
  • Trotz der bereits hohen Arbeitszeiten in Griechenland soll die Sechs-Tage-Woche die Arbeitskräfteknappheit lindern und die wirtschaftliche Situation verbessern
dkw
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