Therapie-Ort für Kinder
Erlebnishof vor Aus: Ponys, Katzen und Hunde müssen weg
Am Erlebnishof Simmering wird traumatisierten Kindern geholfen. Außerdem ist er ein beliebtes Erholungsgebiet. Dieses droht nun zu verschwinden.
In einer zunehmend dichter bebauten Stadt ist ein Ort, wie man ihn in Wien-Simmering in der Nähe des Zentralfriedhofs vorfindet, von unschätzbarem Wert. Am Gelände des Weichseltalwegs wird der Erlebnishof Simmering von Evelyn Wolf in mittlerweile dritter Generation geführt. Mit seinem Altbaumbestand, den Tieren (Katzen, Hühner, Hunde, Ponys, Schildkröten, Hasen) und Weideflächen bietet er den Besucherinnen und Besuchern eine Abwechslung vom hektischen Stadtleben.
Doch der Erhalt des Hofs ist bedroht. Im Rahmen des Stadtteilentwicklungskonzepts Kaiserebersdorf ist am Weichseltalweg ein Wohnquartier vorgesehen. Laut derzeitigen Plänen befindet sich der 7.000 Quadratmeter große Hof in Gefahr, einem massiven Bauprojekt zu weichen.
Erholungsgebiet in Gefahr
"Es wäre schade für den ganzen 11. Bezirk, wenn ich den Hof aufgeben müsste", so Wolf. Schon ihr Großvater hat den Hof betrieben. Ihr Stiefvater hat in der Vergangenheit viel Herzblut hineingesteckt und unzähligen Familien mit ihren Kindern naturnahe Momente ermöglicht. Im Rahmen von Besuchen von Kindergärten, Schulklassen und Ferienspiel konnten viele Wiener Kinder die Tiere des Hofes und die Natur mitten in der Stadt begreifen, erleben und kennenlernen.
Der Erlebnishof in Simmering
Vor rund drei Jahren wurde das Angebot, speziell für Kindergruppen, reduziert. "Einfach aus dem Grund, dass ich berufstätig bin und es zeitlich leider nicht machbar ist", so Wolf. Bestrebungen, das Angebot wieder aufleben zu lassen, gibt es. Nach wie vor sind die Wiesen frei zugänglich und Besucher können die Tiere am Hof streicheln.
Therapie-Reiten für traumatisierte Kinder
Die Psychologin und Psychotherapeutin Renate B. (Name geändert) bietet seit rund 25 Jahren mit ihrem eigenen Therapiepferd zweimal die Woche therapeutisches Reiten für Kinder und Jugendliche an. Sie arbeitet am Erlebnishof mit traumatisierten und von Gewalt betroffenen Kindern. Im Rahmen des therapeutischen Reitens werden ihre Ängste abgebaut und das Selbstvertrauen wieder aufgebaut.
"Therapeutisches Reiten in der Qualität wie derzeit am Erlebnishof anzubieten ist fast nicht machbar – es gibt kaum Alternativen. Der Hof ist gut erreichbar und bietet einen niederschwelligen Zugang. Auf einem normalen Pferdehof kann man so etwas nicht umsetzen. Daher ist dieses Angebot in Wien einzigartig", erklärt die Therapeutin.
Bürger kämpfen für den Erhalt des Hofs
Auch Anrainer Christoph Wagner ist überzeugt: "Den Bauernhof kennt jeder. Er ist ein richtiges Wahrzeichen." Seit 2007 wohnt er in der Nähe des Erlebnishofs und setzt sich nun als einer von vielen für dessen Erhalt ein. Eine Bürgerinitiative aus rund 15 Personen möchte die Stadt Wien zum Umdenken bewegen und den Ort retten, bevor er endgültig verloren ist. Eine diesbezügliche Petition liegt bereits auf. Rund 400 Unterschriften wurden schon gesammelt.
„Für den neuen Stadtteil sind Grünflächen vorgesehen, aber nicht dort, wo jetzt der Hof ist. Das macht keinen Sinn.“
Diskussionsrunden und erste Info-Veranstaltungen zum Stadtteil Weichseltalweg gab es bereits. Auch begleitende Umfragen, was den Anwohnern wichtig ist, wurden von der Stadt durchgeführt. "Die Anrainer haben sich ganz deutlich für den Weiterbestand des Erlebnishofes ausgesprochen. Doch wir haben das Gefühl, dass unser Anliegen ignoriert wird", so Wagner. In einem Plan, der den Anwohner gezeigt wurde, geht hervor, dass auf der Fläche des Erlebnishofs der Bau von Wohnungen vorgesehen ist. Eine Grünfläche in Form eines zwei Hektar großen Parks ist ebenfalls geplant, ebenso wie ein Supermarkt.
Zukunft des Hofs noch ungewiss
Für das Gebiet Weichseltalweg werden derzeit vertiefende Planungen in Form eines städtebaulichen Leitbilds erarbeitet, informiert die Stadt Wien. Aus der Stabsstelle Bürger*innenbeteiligung und Kommunikation heißt es auf "Heute"-Nachfrage, dass man auf die Interessen der Bevölkerung Rücksicht nehme. Es gebe Überlegungen, wie künftig wieder ein offenes Angebot des Erlebnishofs auf einer Fläche innerhalb des Entwicklungsschwerpunkts Weichseltalweg etabliert werden kann. Genauere Einschätzungen könne man aber derzeit dazu nicht geben.
Mit Bezirksvorsteher Thomas Steinhart (SPÖ) steht die Bürgerinitiative bereits in Kontakt. "In sämtlichen Gesprächen mit der Stadt Wien habe ich betont, dass der Wunsch der Anrainer besteht, den Erlebnishof zu erhalten. Sollte es schlussendlich jedoch nicht möglich sein, diesen Ort in seiner aktuellen Form zu bewahren, werde ich die Betreiberin des Erlebnishofs, auf ihren Wunsch, selbstverständlich aktiv unterstützen, um geeignete Ersatzflächen zu finden", so Steinhart.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Der Erlebnishof Simmering, ein wertvoller Erholungsort in Wien-Simmering, steht aufgrund eines geplanten Wohnbauprojekts am Weichseltalweg vor dem Aus
- Trotz Bürgerinitiativen und Petitionen, die den Erhalt des Hofs fordern, bleibt die Zukunft des Hofs noch ungewiss
- Die Stadt Wien arbeitet an einem städtebaulichen Leitbild