"Der Sandmann" feiert Premiere

"Ein Musical für Menschen, die Musical nicht mögen…"

"Der Sandmann" von E.T.A. Hoffmann galt schon bisher als düsteres Schauermärchen. Durch die Musik von Oliver Welter wird es jetzt zum "Grusical". 

Fabian J. Holzer
"Ein Musical für Menschen, die Musical nicht mögen…"
Oliver Welter auf der Bühne des Theater an der Gumpendorferstrasse
Anna Stoecher

Im TAG, dem Theater an der Gumpendorferstraße, wird es ab dem 13. Jänner düster, wenn sich der scheinbare Wetterglas- und Brillenverkäufer Giuseppe in E.T.A. Hoffmanns Stück von 1816 als gar nicht so verrückter Professor entpuppt, der einen menschenähnlichen Roboter erschaffen will, der hier natürlich noch nicht Roboter, sondern "Automatenmensch" heißt. Und im Gegensatz zu den allermeisten frühen, aber auch aktuellen Science-Fiction-Stücken, sind diese Automatenmenschen nicht gefühllos. "In diesem Stück geht es auch um die Liebe zu einem Automaten und das ist ins Jahr 2024 eigentlich gut transportierbar", erzählt der Musiker Oliver Welter, der hier für die musikalische Untermalung des Stücks verantwortlich ist, "also habe ich mich auch entschlossen, dazu elektronische Musik zu machen. Es sind jetzt sehr viele elektronische Instrumente dabei, aber keine analogen. Also keine Gitarren und kein Schlagzeug."

Oliver Welter als Sänger von Naked Lunch und "Military Of The Heart":

Oliver Welter (56) ist nicht nur als Theater-Komponist und -Musiker bekannt, der schon für das Schauspielhaus Düsseldorf, die Vereinigten Bühnen Bozen oder das Wiener Volkstheater gearbeitet hat, sondern auch als Sänger der österreichischen Kultband Naked Lunch, mit der er 2007 auch einen Amadeus-Award gewonnen hat. "Für mich ist alles eins", meint Welter, "es ist einfach mein Beruf, demnach bin ich froh, dass ich so breit aufgestellt bin, dass ich in vielen Bereichen arbeiten kann. Gerade als freischaffender Künstler ist es so, dass ein Jahr so ist und das andere so, was das Einkommen betrifft." Welter gibt dabei ganz offen zu, dass der Job als Frontman einer tatsächlich recht erfolgreichen Band in Österreich immer noch nicht zum leben reicht: "Nein,  aber da hätte ich ganz viele Entscheidungen in meinem Leben anders treffen müssen. Wir haben als Band zum Teil die falsche Abzweigung genommen, aber jeder hat auch schon sehr früh andere Sachen gemacht."

Sowohl die Stories, als auch die Musik sind relativ beliebig bei Musicals…
Naked Lunch-Sänger und Komponist Oliver Welter
darüber, warum er die meisten Musicals nicht mag

Zu diesen anderen Sachen gehört auch die Instrumentation von Theaterstücken. Wobei jetzt "Der Sandmann" im TAG eigentlich gar kein Theaterstück mehr ist: "Es wird ein Musical, für Menschen die Musical nicht mögen", erklärt Welter, "es gibt insgesamt elf Lieder, die von den Darstellerinnen bzw. von mir gesungen werden, die hauptsächlich in einer elektronischen Richtung zu lesen sind." Und der Musiker gibt offen zu, dass er selbst mit herkömmlichen Musicals nicht besonders viel anfangen kann. "Sowohl die Stories, als auch die Musik sind relativ beliebig bei Musicals. Es ist meistens nur kommerziell gedacht, es mag schon Ausnahmen geben, aber bei Musicals wird die Handlung durch den Gesang weitergetrieben", stellt Welter fest, "wir erzählen in Gegensatz dazu nicht musikalisch, wie es weitergeht, sondern der Schauspieler tritt aus der Figur aus und erzählt von seinem Innenleben. Das ist meiner Meinung nach der wesentliche Unterschied zu Musicals." Angst vor zu komplexer und zu ernster Musik müssen die Zuschauer bei "Der Sandmann" übrigens nicht haben: "Ich bin selbst ein Verfechter von klassischen Songs das ist mir das allerliebste, weil ein gutes Lied ja von E- Musik weit entfernt zu sein scheint. Wenn ich jetzt eine Zuordnung finden würde, würde die Musik von 'Der Sandmann' auf FM4 laufen und nicht auf Ö1."

Trotz seiner 208 Jahre auf dem Buckel ist "Der Sandman" im Tag ein futuristisches Musical bzw Grusical. Wenn es um die Zukunft von Welter-Musik geht, ist übrigens auch schon vorgesorgt, denn Oliver Welter ist der Vater von Oskar Haag. Der heute 18-jährige Schauspieler und Sänger gilt als einer der größten Shootingstars am heimischen Kulturhimmel und steht auf der Bühne des Burgtheaters genauso wie vor der Filmkamera. Als Musiker, der 2023 sein Debütalbum "Teenage Lullabies" veröffentlichte, gewann Haar zuletzt einen Amadeus, genauso wie sein Vater sechzehn Jahre vorher. Persönlich bedeutet Welter aber nur einer der beiden Preise viel: "Der vom Oskar! Ich habe selbst ein ambivalentes Verhältnis, wenn ich viele Preise und Ehrungen bekomme. Aber beim Oskar war ich stolz und ergriffen, ich habe es einfach cool gefunden!" "Der Sandmann" ist bis zum 17. Jänner im TAG zu sehen, es gibt noch Karten.

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