Fussball
Dragovic: "Belgrad ist für mich wie Real Madrid"
Aleks Dragovic ging von Leverkusen zu Roter Stern Belgrad. Im "Heute"-Interview spricht er über Haaland, Hotels, die EM und Emotionen.
"Heute": Herr Dragovic, der WM-Quali-Zeitplan ist eng. Montag Treffpunkt in Wien, Dienstag Flug, Mittwoch Match in Moldawien …
"Gesund ist das sicher nicht mehr. Mich wundert nicht, dass sich derzeit so viele Spieler verletzen."
Haben Sie heuer öfter im Hotel oder daheim übernachtet?
"Gute Frage. Wahrscheinlich zu Hause, aber viel Unterschied ist nicht. Vor der EM war ich mit Leverkusen in der Corona-Bubble, dann bei der EM, und in Belgrad war ich anfangs wieder im Hotel. Jetzt habe ich eine Wohnung bezogen. Ich wäre froh, nach der WM-Quali länger kein Hotel von innen zu sehen."
In Deutschland waren Sie Duelle mit Robert Lewandowski und Erling Haaland gewohnt. Fehlt Ihnen das Kräftemessen mit diesen Kalibern?
"Ich bin ehrlich gesagt lieber in einer schwächeren Liga regelmäßig im Einsatz und glücklich, als die Stars oft nur von der Bank aus zu sehen. Ich hatte in Leverkusen in fünf Jahren nie die Wertschätzung, die ich hier in Belgrad genieße. Ich bin jetzt anerkannt."
Sie haben serbische Wurzeln. Werden Sie in Belgrad eigentlich als Legionär wahrgenommen?
"Zum Teil. Ich kann nicht perfekt Serbisch, habe ja Deutsch als Muttersprache. Man merkt, dass ich kein gebürtiger Serbe bin."
Ihr Opa ist großer Roter-Stern-Fan. War er bereits im Stadion zuschauen?
"Ja. Er lebt in Österreich, war aber bei jedem Heimspiel."
Im Dragovic-Trikot?
"Nein, das habe ich ihm verboten. Ich habe ihm gesagt, er soll bitte normal kommen."
Sie sind einer der Liga-Stars. Nur drei Spieler haben einen höheren Marktwert. Wie fühlt es sich an, plötzlich ein Aushängeschild zu sein?
"Marktwerte bedeuten mir nichts. Es kann einer 100 Millionen kosten und trotzdem kann ich ein stärkeres Spiel machen. Lewandowski hat mit Polen gegen uns auch nur ein 0:0 geholt. Der Fußball ist so ausgeglichen, es entscheiden meist Details. Bestes Beispiel war unser EM-Aus gegen Italien. Wenn Marko (Arnautovic, Anm.) bei seinem Tor ein paar Zentimeter weiter hinten steht, ist es kein Abseits."
Sie haben bereits vor der EM bei Roter Stern unterschrieben, haben dann ein bärenstarkes Turnier gespielt. Kamen noch bessere Angebote?
"Viele Leute verstehen das nicht, aber für mich ist Roter Stern wie Real Madrid. Dieses Trikot, die Fans bedeuten mir extrem viel. Ich bin unendlich stolz darauf, für diesen Klub spielen zu dürfen. Und: Vielleicht habe ich bei der EM gut gespielt, weil ich frei im Kopf war. Denken wir an das Cut im ersten Spiel gegen Nordmazedonien. Zwei Zentimeter tiefer und ich brech mir das Jochbein. Dann ist die EM gelaufen und ich stehe ohne Klub da."
Mit welchen Emotionen denken Sie an die EM zurück?
"Mit gemischten. Wir waren gegen Italien so knapp an einer Sensation dran. Gleichzeitig schrieben wir Geschichte. Jetzt brauchen wir Kontinuität, müssen immer wie gegen Italien spielen."