Brisantes Buch ist da

Doskozil: "Gehen in der SPÖ mit Kickl falsch um"

Hans Peter Doskozil stellte am Mittwoch in Donnerskirchen seine politische Biografie vor. "Heute" hat sie vorab gelesen – die stärksten Passagen:

Clemens Oistric
Doskozil: "Gehen in der SPÖ mit Kickl falsch um"
"Mein Leben. Meine Politik" – die Doskozil-Biografie ist ab sofort im Handel.
Denise Auer, ecoWing

Im Martinsschlössel im burgenländischen Donnerskirchen präsentierte Landeschef Hans Peter Doskozil (54) am Mittwoch sein Buch "Hausverstand". Bei rabiat-hochsommerlichen Temperaturen ist das 192 Seiten starke Werk auch für den einen oder anderen innenpolitischen Donner geeignet.

22 Kapitel über Doskos Leben

Die 22 Kapitel, die jeweils auf schicksalsträchtige Tage seines Lebens eingehen, will der SPÖ-Grande nicht als Abrechnung mit seiner Partei verstanden wissen. Plant er einen neuen Anlauf Richtung rote Parteispitze? "Nein, ganz sicher nicht. Dieses Kapitel meines Lebens ist für mich eindeutig abgeschlossen, ohne Wehmut und ohne Ärger. Landeshauptmann zu sein, ist die schönste Aufgabe überhaupt."

Erstmals schildert er aus seiner Sicht die Geschehnisse rund um die peinliche Excel-Panne beim SPÖ-Parteitag, an dem er fälschlicherweise zum neuen Vorsitzende gekürt worden war. Im Kapitel "Als ich für 48 Stunden SPÖ-Chef war" verrät er, dass ihm sein Büroleiter Herbert Oschep die Nachricht über das vertauschte Ergebnis überbrachte: "In der Sekunde war mir klar: 'Ok, das war’s.'"

Es sei für ihn "eine Zäsur" gewesen, Bitterkeit verspürt Doskozil jedoch keine: "Es wird schon einen Sinn haben, dass es so gekommen ist."

Wie es ihm mit seiner Partei, der SPÖ, geht? Es "mischen sich die Gefühle", so der Landeshauptmann. "Die SPÖ, die meine Eltern gewählt haben, war eine ganz andere. Die SPÖ, der ich als junger Mann beigetreten bin, ebenso." Doskozil gesteht ein: "Mein Verhältnis zur Bundespartei, aber auch zu den Spitzenfunktionären auf Wiener Ebene ist gewiss nicht einfach." Als Konflikt mit der Partei sieht er das nicht. Die Partei werde von Mitgliedern, Funktionären und Sympathisanten getragen.

Falscher Umgang mit FPÖ

Doskozil gibt im Buch "Hausverstand" weitere Einblicke in sein Politverständnis und schildert erstmals, wie er in seinem Elternhaus sozialisiert wurde ("Der Wert der Bildung wurde immer betont") und er zeigt sich auch überzeugt davon, dass die Roten heute "mit Politikern wie Haider, Strache und Kickl falsch umgehen".

Work-Life-Balance ist für mich das Unwort des Jahres, wenn nicht sogar des Jahrzehnts.
Hans Peter Doskozil
in seinem Buch "Hausverstand"

"Wir spielen uns als Obermoralisten auf, als Hüter der Wahrheit, als Oberlehrer, anstatt uns mit ihren Inhalten auseinanderzusetzen", prangert er an. "Damit stellen wir sie an den Rand, den Schmuddelrand, und stigmatisieren sie. Gleichzeitig verabsäumen wir es, auf ihre Wähler zuzugehen und sie wieder zurückzuholen." Nachsatz: "Vielleicht fühlen wir uns zu elitär."

Man wirft mir gern vor, ich sei rechts. Ich vertrete einen konsequenten, pragmatischen, rechtsstaatlichen Kurs.
Doskozil
über seine Polit-Haltung

Ihm selbst werfe man "gern vor, ich sei rechts", so Doskozil. Er sieht es anders: "Tatsächlich vertrete ich jedoch keine – im ideologischen Sinn – rechte Position, sondern eine rechtliche, eine rechtsstaatliche, die auf dem Boden der Gesetze steht. Nicht mehr und nicht weniger. Ich habe noch nie eine Forderung formuliert, die nur jenseits der Gesetzeslage umsetzbar wäre."

Beim Thema Migration vertrete er "einen konsequenten, pragmatischen, rechtsstaatlichen Kurs. Was soll daran 'rechts' sein?", fragt er – und fühlt sich in dieser Frage von seinen Genossen missverstanden.

Mindestlohn, aber keine Arbeitszeitverkürzung

Dies gelte auch für sein Eintreten für einen gesetzlichen Mindestlohn, der der Gewerkschaft sauer aufstößt. Für Doskozil ist er ebenso wie sein Anstellungsmodell für pflegende Angehörige ein essenzieller Bestandteil seiner sozialdemokratischen Politik: "Ich will Dinge angehen, Themen neu denken, wenn es sein muss auch gegen den Strich bürsten."

"Work-Life-Balance" erklärt er für sich zum "Unwort des Jahres, wenn nicht sogar des Jahrzehnts": "Zu meinem Verständnis eines sozialdemokratischen Politikers gehört auch die Überzeugung, dass es Leistung geben muss."

Ich bin nicht der einzige auf der Welt, der mit einer Behinderung umgehen muss. Vielen geht es viel schlechter.
Doskozil
über seine Kehlkopf-Erkrankung

Doskozil lehnt die von der Bundespartei propagierte Arbeitszeitverkürzung vehement ab: "Man darf den Menschen nichts vormachen und ein Schlaraffenland in Aussicht stellen, das es niemals geben kann."

"Wird weitere Operationen geben

Sehr offen schreibt er auch über das "Jahr der Diagnose" seiner Kehlkopf-Erkrankung, Luftröhrenschnitt, Erstickungsanfälle – und seine bereits sieben Operationen. Es habe sich "mittlerweile eine gewisse Gelassenheit und ein Gewöhnungseffekt eingestellt", so der ehemalige Polizist. Sehr offen legter dar: "Es wird weitere Operationen geben, sie sind Teil meines Lebens. Ich habe gelernt, damit umzugehen." Erschüttern kann ihn das nicht: "Ich bin nicht der einzige auf der Welt, der mit einem Defizit, einer Beeinträchtigung, einer Behinderung umgehen muss. Vielen geht es viel schlechter. Aber wir alle müssen das Beste aus dem machen, was uns mitgegeben wird."

Landeschef führt "klassische Beziehung"

Eine Stütze ist ihm Ehefrau Julia, die er am 6. Mai 2017 bei einer Veranstaltung in Köln kennengelernt und sie am 12. August 2022 im Burgenland geheiratet hat. Die beiden verbringen zusammen"so viel Zeit wie möglich". Doskozil betrachtet es als großes Glück, die "sportliche und ernährungsbewusste" Schwäbin gefunden zu haben: "Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich noch einmal verlieben kann", gibt er tiefe private Einblicke.

Der Burgenland-Boss ist sich bewusst, "dass wir derzeit eine eher klassische Beziehung führen. Julia hält mir den Rücken frei und kümmert sich um den Haushalt". Dies könne sich aber auch wieder ändern – "wenn sie mehr arbeitet". Ins Büro gibt sie ihm täglich Hafer-Porridge mit geriebenen Karotten und Äpfeln mit.

Reibung – die gibt es auch zwischen Doskozil und den Wiener Genossen. Die Stimmung zwischen ihm und Bürgermeister Ludwig sei "nicht mehr die allerbeste". Über einen ehemaligen Referenten, heute Pressesprecher in Wien, schreibt er, dass dieser aus dem Ministerkabinett heraus "Faymanns Rivalen Christian Kern bekämpfte".

"Hausverstand" (ecoWing, 27 Euro) ist ab sofort im Handel erhältlich.

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    Hans Peter Doskozil wurde im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015 einer großen Öffentlichkeit bekannt. Hier im Bild: Der damalige Polizeidirektor mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
    Hans Peter Doskozil wurde im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015 einer großen Öffentlichkeit bekannt. Hier im Bild: Der damalige Polizeidirektor mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
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