Identitäre in Wien
"Distanziere mich nicht" – FPÖ-General zu RTL-Doku
Für FPÖ-Generalsekretär Hafenecker sind die Aussagen in einer RTL-Doku zwar verwerflich. Von der Identitären Bewegung distanziert er sich aber nicht.
Eine Dokumentation des deutschen Senders RTL sorgt für Schlagzeilen. Eine verdeckte Journalistin deckte dabei auf, was Fans und Mitglieder der rechtsextremen Identitären Bewegungen unter sich besprechen und wie sie so sind. Die Reporterin zog von einer Veranstaltung zur nächsten. Die Ergebnisse schockierten.
Fand Holocaust "geil"
Eine AfD-nahe Besucherin aus Deutschland fand es "geil", dass der Holocaust stattgefunden habe. Weiters behauptete sie, dass dort aber "höchstens 175.000" Juden vergast worden sind. Außerdem forderte sie auch ein "Srebrenica 2.0" in Deutschland. Dabei handelt es sich um das Massaker an Muslimen 1995 im bosnischen Srebrenica. Ein anderer meinte, dass es dort angeblich "8888 Opfer" gegeben hatte und belustigte weiter: "Geil, wenn es so viele wären."
Die Aussagen, die in der Dokumentation zur Schau gestellt wurden, könnten ein hartes Nachspiel haben. Das Wiener Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung hat in der Angelegenheit Ermittlungen aufgenommen", bestätigt Judith Ziska von der Staatsanwaltschaft Wien dem "Standard".
Hafenecker verurteilt Aussagen
Getätigt wurden die Aussagen in der sogenannten Rautenklause, einem Lokal der Identitären Bewegung in Wien-Margareten. Über eine Firma gehört es zum Teil dem Aktivisten Martin Sellner.
Zu der Doku wurde auch FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker am Donnerstag in einer Pressekonferenz befragt. Die Aussagen seien "schärfstens zu verurteilen, so Hafenecker. "Das ist ein Straftatbestand, der in Österreich wirklich unter hoher Strafandrohung steht und das ist auch richtig und wichtig so", erklärte der General.
Distanzieren von der Identitären Bewegung wolle er sich aber nicht. "Und wenn sie mich dann fragen, ob man sich von irgendetwas distanziert, dann sage ich ihnen eines ganz klar: Wir distanzieren uns ganz sicher nicht, so wie die ÖVP vom Demonstrationsrecht in Österreich. Denn jeder Bürger hat das Recht, in Österreich demonstrieren zu gehen", betonte er.
"Muss auch Dokumentation hinterfragen"
Er möchte dabei auch bitten, den Film zu hinterfragen: "Es ist eine Dokumentation, die ganz offensichtlich deswegen gemacht worden ist, weil die Wahl in Thüringen ansteht."
Auch die Zeitleiste und die behandelten Akteure müssten laut dem Freiheitlichen betrachtet werden. RTL habe sich entschieden, eine Partei, beziehungsweise die Identitäre Bewegung, zu infiltrieren und die Reporterin hat dann diese "unglaublichen Aussagen" vorgefunden, "vor denen mir selber graust", wie Hafenecker erneut betonte.
"RTL erstattete keine Anzeige"
Der General verwies auch auf den Werdegang des Mitglieds, das die Aussagen getätigt habe: "Kurz vor Beginn dieser ganzen Reportage in die AfD eingetreten, das kann man zumindest auf den sozialen Medien nachlesen, mehr weiß ich dazu auch nicht. Die Person war dort relativ unscheinbar, hat nichts gesagt", erklärte er.
Im Zeitraum der Reportage sei die Dame dann von einer Veranstaltung zur nächsten rotiert, bis es zu der "offensichtlichen Straftat" gekommen ist – die Leugnung des Holocausts. Was Hafenecker dabei aber interessant findet, ist, dass RTL keine Anzeige erstattet hatte. Das Redaktionsgeheimnis sei keine ausreichende Begründung für ihn.
"Stehe vollkommen dahinter"
Zudem versteht Hafenecker nicht, warum diese Dokumentation in Österreich so "aufgespielt" werde. Das einzige, was diesen Bericht zu Österreich verbinde, sei eine Veranstaltung, die von der FPÖ nicht ausgerichtet war. Bei der Berichterstattung handle es sich um eine angemeldete Demonstration.
Dass Mitglieder der FPÖ von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch machen, dahinter stehe Hafenecker "vollkommen". "Warum soll ich mich gegen eine Gruppe von Bürgern stellen, die von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch machen und auf die Fehlentwicklungen der Zuwanderung hinweisen. Ich sage das ganz klar. Da braucht man sich überhaupt nicht dagegenstellen", betonte der FPÖ-General abschließend.
"Ist nicht akzeptabel"
"Es ist nicht akzeptabel, dass sich FPÖ-Hafenecker nicht von den Identitären distanziert. Die auf Video aufgezeichneten Aussagen der Identitären, in denen das Ausmaß des Holocausts geleugnet und sogar Massenmord gutgeheißen wird, müssen für jeden demokratischen Politiker vollkommen inakzeptabel sein und eine nicht überschreitbare rote Linie darstellen", donnerte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker.
"Diese ungeheuerliche Entgleisung als Einzelfall zu verurteilen und das große Ganze, nämlich die Identitäre Bewegung, zu unterstützen, ist inakzeptabel und entlarvend. Wer in unserem Staat Verantwortung tragen will, wird weder dieser Verantwortung noch der Geschichte unseres Landes gerecht, wenn hier keine klare Trennlinie gezogen wird. Da Herbert Kickl die Identitären seit Jahren verteidigt und unterstützt, erwarte ich mir von ihm höchstpersönlich eine klare Distanzierung von den Identitären und ihrer Ideologie sowie den im Video getätigten Aussagen", polterte Stocker weiter.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker verurteilt die in einer RTL-Dokumentation gezeigten Aussagen von Mitgliedern der rechtsextremen Identitären Bewegung, distanziert sich jedoch nicht von der Bewegung selbst
- Die Dokumentation, die schockierende Aussagen über den Holocaust und andere Gräueltaten enthüllt, hat Ermittlungen des Wiener Landesamts für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung ausgelöst, während Hafenecker die Authentizität und Motive der Doku hinterfragt