Fussball
Dieses ÖFB-Juwel lehnte ein Angebot der Bayern ab
Viele Kicker träumen von Rapid, Real, den Bayern. ÖFB-Juwel Flavius Daniliuc ist 19 Jahre jung – und war bei allen drei unter Vertrag. Ein Porträt.
Es war der 20. September 2020. Nizza empfing in der vierten Runde der französischen Liga das Starensemble von Paris Saint-Germain. Auf der Bank fieberte Flavius Daniliuc mit, ein 19-jähriger Österreicher. In Minute 65 warf ihn der damalige Coach Patrick Vieira ins kalte Wasser. Nizza verlor 0:3. Für den rot-weiß-roten Verteidiger war es dennoch ein historischer Moment – es war sein erster Einsatz im Profi-Fußball. Das Trikot, das er an diesem Nachmittag trug, bekam einen Ehrenplatz in der zentral gelegenen Drei-Zimmer-Wohnung.
"Im Erwachsenen-Fußball angekommen"
Mittlerweile hat der ÖFB-Legionär 17 Partien am Buckel. Elf davon über die volle Spielzeit. Nächster Gegner am Samstag: Paris. Der Kreis schließt sich. "Ich bin im Erwachsenen-Fußball angekommen", erzählt Daniliuc "Heute". "Aber ich weiß, dass ich trotzdem erst ganz am Anfang stehe. Ich habe noch nichts erreicht."
"Scheiße, jetzt spiele ich gegen Flavius"
Daniliuc hat trotz seiner Jugend schon die große Fußball-Welt gesehen. Er wechselte als Zehnjähriger von Rapid zu Real Madrid. Nach internen Problemen schloss er sich 2015 den Bayern an – und arbeitete sich zum Kapitän der U19 hoch.
Hermann Gerland, der berühmte Nachwuchs-Entdecker der Münchner, sagte zu ihm: "Du musst Angst und Schrecken verbreiten. Aber ohne ein Treter zu sein. Die gegnerischen Angreifer müssen denken: 'Scheiße, jetzt spiele ich gegen Flavius.'"
Spielpraxis statt Bayern-Vertrag
Der nächste logische Schritt wäre der Sprung in den Profi-Kader der Bayern gewesen. Doch Daniliuc fasste all seinen Mut zusammen – und lehnte 2020 ein entsprechendes Angebot ab. Die Überlegung dahinter: Der Wiener wollte spielen, hätte sich allerdings hinter David Alaba, Jerome Boateng, Niklas Süle, Benjamin Pavard und Lucas Hernandez anstellen müssen. Als sich die Option Nizza auftat, war die Zukunft geklärt. "Die Entscheidung war zu 100 Prozent richtig", sagt Daniliuc heute.
An der französischen Riviera reift der Youngster nun zum Spitzenspieler. Ihm wird eine hohe Spielintelligenz attestiert, gewisse Schwächen sehen Experten im Zweikampf – Stichwort Härte. Seine Vorbilder tragen Namen wie Sergio Ramos und Virgil van Dijk. "Von den Besten kann man am meisten lernen. Deshalb gucke ich immer wieder Spiele von ihnen, wie sie Situationen lösen. Das sind zwei beeindruckende Persönlichkeiten."
"Biss von Ronaldo ist inspirierend"
Auf der anderen Seite des Platzes, also in der Offensive, hat es ihm Ex-Real-Kollege Cristiano Ronaldo angetan. "Wie besessen er arbeitet, um auch noch mit 36 Jahren auf höchstem Niveau zu spielen ist unglaublich. Dieser Biss und diese Leidenschaft sind inspirierend."
Auch die österreichische Bundesliga hat Daniliuc im Blick. Aus mehreren Gründen. Sein Bruder Daniel-Edward ist Torwart bei der SV Ried. Einer seiner besten Freunde ist Rapid-Youngster Dalibor Velimirovic. Regelmäßigen Kontakt gibt es auch mit Esad Bejic von den Young Violets. Am intensivsten verfolgt der Nizza-Kicker aber Salzburg – der gebotene Fußball imponiert ihm.
TV als Französisch-Lehrer
Daniliuc ist Teil einer Großfamilie. Neben Daniel-Edward hat er zwei weitere Brüder und zwei Schwestern. Und dann wäre da noch David Alaba, der in München zu einem engen Vertrauten wurde. In Nizza lebt er jedoch allein. Mutter Gina und Vater Michael kommen – sofern es die Corona-Pandemie zulässt – immer wieder zu Besuch. Langweilig wird es aber auch ohne Gäste nicht. Playstation (FIFA 21) und Netflix sei Dank. Wobei vor allem das Fernsehen einen positiven Nebeneffekt hat: Daniliuc schaut Filme und Serien auf französisch, um die Sprache besser zu lernen. Spanisch, Englisch und Deutsch beherrscht er bereits fließend.
Der rasante Aufstieg bleibt freilich auch ÖFB-Teamchef Franco Foda nicht verborgen. Ende März startet die WM-Qualifikation. Mit Daniliuc, der rumänische Wurzeln hat? "Eine Berufung wäre ein Traum. Ich fühle mich als Wiener, als Österreicher. Für dieses Land empfinde ich sehr viel."