Prosopagnosie
Diese Frau kann sich auf Fotos nicht erkennen
Ellie Hudson konnte jahrelang ihre engsten Freunde und Familienangehörigen nicht erkennen, wenn sie sie sah. Sogar sich selbst am Foto nicht.
Ellie Hudson kann sich daran erinnern, dass sie schon in ihrer Kindheit mit Gesichtern zu kämpfen hatte. Einmal dachte sie, sie hätte eine neue Lehrerin, aber in Wirklichkeit war es die gleiche Frau mit einer anderen Frisur. Sie erinnert sich an einen anderen peinlichen Vorfall: "Ich schlenderte den Korridor entlang und grüßte fröhlich eine andere Schülerin. Aber sie schaute mich seltsam an, und es stellte sich heraus, dass ich sie gar nicht kannte."
Diagnose: Prosopagnosie
Weitere Probleme folgten, als Ellie älter wurde. "Ich arbeitete in der PR-Abteilung in der Musikbranche und sah daher viele Bands. Aber als ein Mann während eines Konzerts begann, sie anzusprechen, war Ellie verblüfft. Er plauderte drauflos und kannte mich eindeutig", sagt sie. "Verzweifelt versuchte ich zu ergründen, wer er war, aber ich konnte ihn einfach nicht einordnen." Aber es waren nicht nur Fremde, die Ellie nicht zuordnen konnte. "Im Laufe der Jahre konnte ich oft nicht einmal enge Verwandte oder Freunde anhand ihrer Gesichter erkennen. Als mein Vater einen dreifachen Herz-Bypass bekam, wurde ich auf eine Nebenstation des Krankenhauses verwiesen. Ein Meer von Patientengesichtern kam mir entgegen, und ich konnte meinen Vater nicht erkennen." Als Ellie bei der Arbeit ein weiterer peinlicher Vorfall passierte, suchte sie im Internet nach Hilfe. "Ich habe schließlich gegoogelt und bin auf Prosopagnosie gestoßen, auch Gesichtsblindheit genannt.
Prosopagnosie (Gesichtsblindheit) bezeichnet die Unfähigkeit, Menschen anhand ihres Gesichts zu erkennen bzw. zu unterscheiden. Wer zufällig irgendwo Kollegen, Bekannte oder Verwandte trifft und ohne ein Zeichen des Wiedererkennens an ihnen vorbeigeht, ist also nicht unbedingt unhöflich oder launenhaft, sondern vielleicht gesichtsblind. Manche Menschen sind nicht in der Lage, Fremde zu unterscheiden. Andere können die Gesichter von Freunden und Verwandten oder sogar ihr eigenes Gesicht nicht erkennen.
Bei der angeborenen Variante haben die Betroffenen von Geburt an Schwierigkeiten, andere Personen anhand des Gesichts zu erkennen. Bei diesen Personen liegen weder eine Hirnschädigung noch Geburtskomplikationen vor. Die angeborene Prosopagnosie wird vermutlich vererbt. Bei der erworbenen Form der Prosopagnosie wiederum resultieren die Gesichtserkennungsprobleme aus einer Verletzung der Gehirnbereiche, die für die Gesichterverarbeitung zuständig sind. Dies kann nach einem Schädelhirntrauma oder einem Schlaganfall auftreten.
Alltagsstrategien
"Mein Hausarzt hat mich an die Neurologie überwiesen, wo eine schwere Form der Erkrankung diagnostiziert wurde", sagt Hudson. Für Hudson war es eine Erleichterung, zu wissen, was los war. Geheilt werden kann Prosopagnosie jedoch nicht. Im Laufe der Jahre hat die Frau gelernt, mit ihrem Zustand zu leben und sich Strategien überlegt. "Ich habe bestimmte Erkennungsmerkmale entwickelt, um Menschen zu erkennen, z. B. Tattoos oder besondere Merkmale wie Narben. Und ich verabrede mich im Voraus mit Freunden, damit ich weiß, was sie anziehen werden. Wenn sie es vergessen oder zum Beispiel ihre Frisur ändern, kann ich immer noch direkt an ihnen vorbeigehen." Das hat sogar Auswirkungen darauf, wie sie ihr eigenes Gesicht sieht. "Ich färbe mir die Haare rot, damit ich mich auf Gruppenfotos besser erkennen kann", erklärt sie. "Ich versuche, das Ganze mit Humor zu nehmen."