Wiener Ökologie-Projekt
Die letzten Geheimnisse des Weißen Hais
Seit 400 Millionen Jahren treiben Haie in den Weltmeeren ihr Unwesen – Wiener Forscher entschlüsseln den Stammbaum der gefürchteten Raubfische.
Wie konnten Haie im Gegensatz zu vielen anderen Tierarten so lange überleben? "Um besser verstehen zu können, inwieweit Umweltveränderungen (z.B. Klimawandel) und Bejagung durch den Menschen einen Einfluss haben, ist es nötig, die Vergangenheit dieser Tiere zu entschlüsseln", erklärt der Wiener Paläontologe Jürgen Kriwet im Gespräch mit "Heute".
Letzte Knorpelfische aus der Zeit der Dinosaurier
In seinem neuen Forschungsprojekt an der Uni Wien entschlüsselt Kriwets Team nun, wie Haie und nächsten Familienangehörigen, die Rochen, miteinander verwandt sind und wie ihre Evolution seit 400 Millionen Jahren abgelaufen ist. Haie und Rochen sind die letzten lebenden Vertreter der Knorpelfische aus der Dinosaurierzeit.
Der Einfluss auf die Artenvielfalt soll dabei festgestellt werden: Mit den Untersuchungen könne man Faktoren zu identifizieren, die "positiv oder negativ die Artenvielfalt beeinflussen und andererseits solche Gruppen zu identifizieren, die evolutiv als erfolgreich gelten", sagt Kriwet.
40 Prozent der Haie vom Aussterben bedroht
Haie und ihre nächsten Verwandten, die Rochen stellen heute mit 1.300 Arten nur einen geringen Anteil an der gesamten Fischfauna (34.000 Arten). Trotzdem sind sie äußerst wichtig, da sie als Prädatoren in den Nahrungsketten eine wichtige Rolle haben – und somit wesentlich für die Aufrechterhaltung und Funktionalität der Nahrungsnetze sind.
Dennoch ist der Überlebenskünstler in Not: "Knapp 40 Prozent der Haie und Rochen sind gefährdet oder vom Aussterben bedroht, wobei der Mensch vermutlich einen großen Anteil hat", sagt Kriwet. "Falls die Haie aussterben, bricht die gesamte Nahrungskette zusammen“, warnt Kriwet.
Bestseller und Horrorfilm erschaffen Monster-Tier
Das Bild des Hais in der westlichen Gesellschaft wurde maßgeblich durch Hai-Angriffe an der Küste von New Jersey (1916). Diese Vorfälle inspirierten auch den Erfolgsroman "Jaws" (dt. "Der weiße Hai" von Peter Benchley, der 1975 von Regisseur Steven Spielberg unter dem gleichen Titel verfilmt wurde.
Der Hai tritt im Buch als Sinnbild einer bösartigen, menschenfeindlichen Natur auf. Insbesondere in der Verfilmung wird der Weiße Hai zum Archetyp des tierischen Filmmonsters, das Menschen vorsätzlich angreift und tötet. Bei Zuschauern löste der Film weltweit Angst und Schrecken aus.
Image des Weißen Hais verbessern
Heute bemühen sich Umweltschutzorganisationen, das westliche Bild der Haie, insbesondere des Weißen Hais, zu verbessern. Zu den Aktivisten gehörte auch der 2006 verstorbene Autor Benchley, der später mehrere Sachbücher zum Hai- und Meeresschutz schrieb und die Folgen von "Jaws" bereute.
"In einem aktualisierten 'Jaws' könnte der Hai nicht den Bösewicht darstellen, er müsste als das Opfer beschrieben werden, denn weltweit sind Haie viel häufiger die Unterdrückten als die Unterdrücker", sagte der Erfolgsautor.