Dank "Knast-Tinder"

Deutscher Reality-Star heiratet Drogendealer im Knast

Sie dachte, sie findet ihre Liebe in einer Reality-Show auf Netflix – stattdessen fand Lorra Sophie ("Too Hot to Handle") ihre Liebe im Gefängnis.

Nick Wolfinger
Deutscher Reality-Star heiratet Drogendealer im Knast
Laura Gehrke und ihr Ehemann Joshua Stewart bei einem ihrer Gefängnisbesuche
Tik Tok / joshundlorra

Reality-Shows sind für viele Social-Media-Sternchen ein Karriere-Sprungbrett. Ex-OnlyFans-Model Laura Gehrke (27), auch bekannt als "Lorra Sophie", führte die Teilnahme an der ersten Staffel der deutschen Ausgabe der Dating-Show "Too Hot to Handle" jedoch direkt ins Gefängnis. Denn nur sechs Monate nach Beginn einer Brieffreundschaft zu einem verurteilten Drogendealer in den USA heirateten die Beiden diesen Sommer bei einem Gefängnisbesuch im Washington State Prison.

Auf ihrem gemeinsamen TikTok-Profil "Josh und Lorra" lässt Gehrke seither alle an ihrem ungewöhnlichen Liebesglück teilhaben. Dafür erntet sie viel Kritik, Spott und auch Hassnachrichten. "Er bleibt dir nur so lange treu, bis er wieder draußen ist", heißt es da etwa. Aber davon lässt sich Gehrke nicht beirren. "Wir lieben es, diese Kommentare zu lesen und darüber zu lachen. Danke, dass ihr uns unterhält".

Dating auf "Knast-Tinder"

Kennen gelernt hatten sich die Beiden über "WriteAPrisoner.com", einer Art "Tinder" für US-Häftlinge. Gehrke saß gerade zur Weihnachtszeit 2023 wegen Visumsproblemen in Dubai fest, als sie ein Video über "Knast-Tinder"-Bekanntschaften sah. Ihr Interesse war geweckt. Joshua Stewart (21) war das zweite Profil, das sie gesehen hatte. Dort stand, dass er Poesie mag – für Gehrke Grund genug, ihm frohe Weihnachten zu wünschen.

Die Beiden schickten einander Gedichte und bald wurde die Brieffreundschaft durch tägliche Telefongespräche abgelöst. Bei einem Telefonat im Februar machte Stewart ihr einen Heiratsantrag – sie sagte "Ja". Im Juni flog sie dann für vier Wochen nach Washington, besuchte ihn so oft, wie es erlaubt war. Im Staatsgefängnis gab es eine 90-minütige Hochzeitszeremonie. Einziger Trauzeuge war ein Mithäftling Stewarts.

Er hat ein Menschenleben auf dem Gewissen

Stewart war als 18-jähriger zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, da eine Frau, die bei ihm Drogen gekauft hatte, an einer Überdosis starb. Dass manche Medien berichten, Stewart sei ein verurteilter Mörder, liegt womöglich an einer Verwechslung aufgrund ungenauer Recherchen. Tatsächlich gibt es einen 23-jährigen Namens-Zwilling, der in Texas für den Mord an einem Polizisten verurteilt wurde. Außer dem Namen haben die Beiden jedoch nichts gemeinsam.

Jetzt folgt Auswanderung in die USA

Frühestens am 31. Dezember 2025 kann Gehrkes Freund Stewart mit Fußfesseln in den Hausarrest entlassen werden, berichtet auch die New York Post über die aufsehenerregende Beziehung. Aber das stört die Berlinerin nicht: "Er hat falsche Entscheidungen getroffen, aber das macht ihn zu keinem schlechten Menschen", erklärt sie auf TikTok. Gehrke, die zur Zeit noch in Dubai lebt, plant nun, in die USA auszuwandern.

"Faszination des Bösen"

Aber warum verliebt man sich in einen verurteilten Verbrecher, der noch dazu viele Monate nicht hinter Gitter vor sich hat? Die Schweizer Psychologin Monika Egli-Alge erklärt auf 20min.ch, dass es dafür vielfältige Gründe gibt. Zum einen sei dies die "Faszination des Bösen", zum anderen verspüren viele "eine Art Retterinnensyndrom". "Die Frauen glauben, den Männern eine Perspektive bieten und sie auf den richtigen Weg bringen zu können". Das Phänomen, sich in Häftlinge zu verlieben, wird generell auch als Hybristophilie oder "Bonnie-und-Clyde-Syndrom" bezeichnet.

"Wenn eine Frau mit einer Person in Haft eine Beziehung eingeht, hat sie die volle Kontrolle"
Monika Egli-Alge
Psychologin

Angenehmer als Therapie

Gleichzeitig fühlten sich die Männer gehört: "Viele Brieffreundinnen verurteilen die inhaftierte Person nicht. Die Männer können sich öffnen – alles erzählen. Die Therapie ist hingegen konfrontativ und somit teils unangenehm." Die Dynamik in solchen Beziehungen, vor allem wenn sie romantischer Natur ist, sei schwierig.

Die Frau hat die Macht

"Die Machtverhältnisse sind klar: Wenn eine Frau eine Beziehung mit einer Person in Haft eingeht, hat sie die volle Kontrolle. Sie bestimmt, wann und wie oft der Kontakt stattfindet. Zudem erhofft sie sich umschwärmt zu werden und viel Aufmerksamkeit zu erhalten, weil der Mann, wie sie glaubt, auf sie angewiesen ist."

Beziehung wird idealisiert

In Egli-Alges Erfahrung neigen in solchen Konstellationen beide Seiten dazu, die Beziehung zu idealisieren, ob emotional oder sexuell. "Die Gründe dafür sind einerseits, dass man in Briefen alles schreiben kann – seien es grosse Versprechungen oder romantische Liebesgeständnisse." Andererseits erlebten Paare in solchen Konstellationen keine konfliktbehafteten Alltagssituationen.

"Reality Check" nach Haftentlassung

Die einzigen realen Begegnungen, die das Paar hat, seien die Besuche. "Somit bewegen sie sich oftmals in einem Raum voller Fantasie und malen sich das perfekt gemeinsame Leben nach der Haftentlassung aus. Dass dieses jedoch tatsächlich so aussehen wird, ist hingegen mehr als fraglich."

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    DOKU-NÖ, Thomas Lenger

    Auf den Punkt gebracht

    • Reality-Star Lorra Sophie, bekannt aus der deutschen Ausgabe der Dating-Show "Too Hot to Handle", hat überraschend ihre Liebe im Gefängnis gefunden und einen verurteilten Drogendealer in den USA geheiratet
    • Trotz Kritik und Spott teilt sie ihr ungewöhnliches Liebesglück auf TikTok und plant, in die USA auszuwandern, während Psychologen das Phänomen der Anziehung zu Häftlingen als "Faszination des Bösen" und "Retterinnensyndrom" erklären
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