US-Wahl
Deutliche Niederlage für Harris – das war der Grund
Trotz ihrer historischen Kandidatur scheiterte Kamala Harris nicht an Vorurteilen, sondern an den wirtschaftlichen Sorgen der Wähler.
Hat Kamala Harris die Wahl verloren, weil sie eine Frau ist und wegen ihrer Hautfarbe? Der US-Experte Alexander Trechsel verneint diese These: "Das wäre eine viel zu einfache Erklärung." Aus seiner Sicht gab es für Harris weitaus größere Hürden im Wahlkampf gegen Donald Trump, der gefühlt seit zehn Jahren seine Kampagne betreibt, während Harris "nur" 107 Tage hatte, um sich zu profilieren.
"Wirtschaft ist Hauptgrund für ihre Niederlage"
Trechsel geht davon aus, dass die wirtschaftliche Lage den Ausschlag für Harris Niederlage gab. "Die Wirtschaftssorgen der Amerikaner haben Harris mehr geschadet als ihre Identität", erklärt Trechsel. "Bei den Exit-Polls zeigte sich, dass die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler unter der hohen Inflation, von der sich die USA zwar rasch erholten, litten. Hinzu kam die Angst vor illegaler Einwanderung und Jobverlust." Die Trump-Kampagne konnte genau hier punkten und holte Stimmen aus verschiedenen Minderheiten, die Harris benötigte, aber nicht erreichte, sagt Trechsel. "Trump war in der Lage, mehr Unterstützung von Latino, schwarzen und asiatischen Wählern sowie Frauen zu gewinnen als erwartet."
Rassismus und Sexismus spielten eine Rolle – aber nicht die entscheidende
Obwohl die Trump-Kampagne laut Trechsel rassistische und sexistische Töne anschlug, glaubt er nicht, dass diese Angriffe das Wahlergebnis maßgeblich beeinflussten: "Solche Einstellungen sind in vielen Gesellschaften vorhanden und nicht allein auf die USA beschränkt."
Herausforderungen für zukünftige Kandidatinnen
Trechsel sieht in den USA auch für zukünftige Kandidaten aus Minderheiten keine leichtere Ausgangslage. Von Gleichberechtigung und Vielfalt sei man in den USA wie auch anderswo noch weit entfernt: "Es wäre aber zu simpel und auch falsch, die amerikanische Wählerschaft als rein sexistisch oder rassistisch abzustempeln", meint der Experte. Vertreter von Minderheiten seien bereits im Senat und im Repräsentantenhaus vertreten, was zeige, dass sich die politische Landschaft langsam verändere.
Die Fehler im Wahlkampf
Spiegel-Experten beschreiben Harris als "die falsche Frau zur falschen Zeit". Steigende Lebenshaltungskosten und die US-Nahostpolitik schadeten ihr besonders in Michigan, wo arabischstämmige Wähler aus Protest absprangen. Auch die Migrationskrise kostete ihr Stimmen, obwohl sie nicht direkt verantwortlich war. Trechsel stimmt diesen Einschätzungen zu, nuanciert aber, dass Harris nicht "die falsche Frau" war, sicher aber eine Kandidatin zur falschen Zeit – nämlich viel zu spät. "Der Fehler an Biden festzuhalten bis zum Geht-nicht-mehr bezahlen die Demokraten nun teuer."
Zudem blieb gemäß Spiegel-Experten Harris in ihrer Positionierung zu vage. Ihre anfänglich lockere Haltung und der späte Fokus auf Sachthemen reichten im Wahlkampf gegen Trump nicht aus, um Vertrauen zu gewinnen. Trechsel stimmt zu, unterstreicht aber das misslungene Setzen auf Themen wie den "Reproductive Rights" (Abtreibungen), welche der Mehrheit der Wählerschaft weniger wichtig war als die Wirtschaft.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Kamala Harris verlor die Wahl laut Experte Alexander Trechsel vor allem wegen der wirtschaftlichen Sorgen der Wähler, nicht wegen Geschlecht oder Hautfarbe
- Trump konnte mit Themen wie Inflation und Einwanderung auch Stimmen von Minderheiten und Frauen gewinnen, die Harris fehlten
- Fehler im Wahlkampf und eine späte Fokussierung auf Sachthemen schadeten Harris zusätzlich