Schwedische Studie

Deshalb sterben Hypochonder früher

Menschen mit Hypochondrie sorgen sie sich um ihre Gesundheit und sollten deshalb länger leben. Doch laut einer Studie ist das Gegenteil der Fall.

Deshalb sterben Hypochonder früher
Harmlos oder schwerwiegend? Wer sich übermäßig um seine Gesundheit sorget, stirbt laut schwedischen Forschenden im Schnitt fünf Jahre früher als jene, die solche Sorgen nicht kennen.
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Hypochonder haben ihren Körper immer im Blick und neigen dazu, harmlose Symptome als Zeichen einer schweren Erkrankung zu deuten. Aus einer kleinen Blähung wird da schnell mal eine Blinddarmentzündung und der Muskelkater im Bein zur Thrombose. Das kann Angst machen – und offenbar dazu führen, dass sie weniger lang leben als Personen, die sich weniger um ihre Gesundheit sorgen.

Zu diesem Schluss kommen Forschende aus Schweden. Ihre Studie erschien imFachjournal "JAMA Psychiatry" und ergab, dass Personen mit einer hypochondrischen Störung im Durchschnitt fünf Jahre früher sterben als diejenigen, die entspannter durchs leben gehen.

Hypochondrische Störung

Bei einer hypochondrischen Störung handelt es sich um eine psychosomatische Erkrankung, die durch un­be­grün­dete Angst vor kör­per­lichen Erkrankungen, ge­steigerter Selbst­be­obachtung und Ü­ber­bewertung von Kör­per­wahrnehmun­gen gekennzeichnet ist. Bis 2023 war dafür der Begriff Hypochondrie gebräuchlich.
Die generelle Angst vor Krankheiten kann auch bei psychisch Gesunden auftreten. Während diese Alltagshypochonder beruhigt sind, wenn ein Arzt bestimmte Symptome abklärt und keine besondere Krankheit feststellt, fällt es Menschen mit einer hypochondrischen Störung schwer, mit der Unsicherheit zu leben, dass sich nicht immer für jedes körperliche Symptom eine eindeutige Ursache finden lässt.

Das Team um David Mataix-Cols vom Karolinska Institut in Stockholm und der Lund University verglich dafür die Gesundheits- und Sterbedaten von 4.129 Patientinnen und Patienten mit der Diagnose Hypochondrische Störung mit 41.290 Menschen ohne hypochondrische Störung. Dabei achteten die Forschenden darauf, dass die Personen ein vergleichbares Alter und ähnliche Lebensumstände hatten. Die Daten umfassten einen Zeitraum von 24 Jahren.

Daran starben die Hypochonder

Insgesamt starben im untersuchten Zeitraum 2029 Personen. Bei 268 Personen handelte es sich um diagnostizierte Hypochonder. Die restlichen 1761 Personen gehörten zur Kontrollgruppe. Die Auswertung ergab, dass die Hypochonder durchschnittlich bereits mit 70 Jahren starben, jene ohne hypochondrische Störung dagegen erst mit 75 Jahren.

Die Forschenden beobachteten bei den Hypochondern sowohl natürliche als auch nicht-natürliche Todesursachen. So war bei ihnen vor allem das Risiko, an Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen zu sterben, erhöht. Das Risiko, an Krebs zu versterben, war dagegen ähnlich hoch wie bei den Personen in der Kontrollgruppe. Zudem war in der Studie Suizidrisiko für Menschen mit der Diagnose viermal höher als bei den Nicht-Hypochondern.

Erhöhter Stress

Warum Hypochonder häufiger an Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, hat das Team um Mataix-Cols zwar nicht untersucht. Aber die Forschenden vermuten, dass die Betroffenen aufgrund ihrer Sorgen häufig unter Strom stehen. Auf Dauer könnte der erhöhte Stress etwa das Immunsystem beeinträchtigen und chronische Entzündungen hervorrufen. Auch könnte die ständige Sorge sie zum Konsum von etwa Alkohol oder Nikotin verleiten, was zusätzliche Risiken für das Herz-Kreislaufsystem birgt.

Bereits 2016 zeigte eine norwegische Studie, dass Hypochonder ein 70 Prozent höheres Risiko für eine Herzerkrankung haben.

Die ausgeprägte Angst vor Krankheiten kann auch dazu führen, dass sie häufiger zum Arzt gehen und sich noch mehr mit Krankheiten beschäftigen oder, dass sie aus Angst vor einer Diagnose Arztbesuche ganz meiden. Einige entfernen sich sogar vollständig vom medizinischen System, was dazu führen kann, dass ernsthafte Erkrankungen spät oder gar nicht erkannt werden.

Diagnose kann helfen

Die Erkenntnisse der schwedischen Forschenden beziehen sich nicht auf Alltagshypochonder, sondern auf solche mit einer ausgeprägten Angststörung. Eine solche kann jedoch behandelt werden, etwa mit einer kognitiver Verhaltenstherapie oder verschiedenen Entspannungstechniken. Mitunter können auch Antidepressiva helfen.

Alltagshypochonder leben länger

Für Alltagshypochonder zeichneten schottische Forschende 2017 übrigens ein anderes Bild: Ihrer Studie zufolge haben sie ein um acht Prozent geringeres Risiko, an Herz-, Atemwegserkrankungen oder Krebs zu sterben, verglichen mit einer Kontrollgruppe. Dies, weil sie durch ihre erhöhte Wachsamkeit gegenüber Symptomen früher zum Arzt gingen und so früher eine Diagnose bekamen.

red, 20 Minuten
Akt.
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